Auswertung

Mehr Tochterfirmen in Steueroasen

ATX-Konzerne haben laut Analyse 286 Töchter in Niedrigsteuerländern.

Wien. Nicht nur multinationale IT-Riesen wie Google oder Amazon sehen sich dem Vorwurf ausgesetzt, Aktivitäten in Steueroasen zu verlagern. Auch bei im Wiener ATX gelisteten Unternehmen ist laut einer Analyse des sozialliberalen Momentum-Instituts im vergangenen Jahr die Zahl der Tochterunternehmen in Niedrigsteuerländern deutlich gestiegen.

Hatten ATX-Konzerne im Jahr 2020 noch 176 Tochterunternehmen in Steueroasen, waren es 2021 schon 286, heißt es in der Analyse. Das Wiener Momentum-Institut hat dafür Geschäftsberichte von 17 der 20 im ATX gelisteten Unternehmen ausgewertet. Zu den Firmen, die Töchter in Steueroasen besitzen, zählt das Institut beispielsweise die teilstaatliche OMV, den Grazer Anlagenbauer Andritz oder die Telekom Austria.

Verschiedene Definitionen

Für die Berechnung wurde unter anderem der Corporate Tax Haven Index (CTHI) der internationalen NGO Tax Justice Network berücksichtigt. Laut einer anderen Steueroasen-Definition, jener der NGO Oxfam, lag die Zahl der dort angesiedelten Töchter von ATX-Firmen 2020 „nur“ bei 193. Die Liste jener Länder, die als Steueroase klassifiziert wurden, sei im CTHI wesentlich länger, hieß es dazu.

„Steuersümpfe gibt es nicht nur in der Karibik, sondern auch in Europa. Der Schaden für die Allgemeinheit, der durch das Verschieben von Gewinnen in Steuersümpfe entsteht, wird nur für Österreich auf mehr als 700 Mio. Euro geschätzt“, sagte der Chefökonom des Momentum-Instituts, Oliver Picek. ATX-Unternehmen besaßen demnach im Vorjahr 136 Töchter in Ländern mit einem nominalen Steuersatz unter zehn Prozent. Beziehe man Länder mit einem Steuersatz von 15 Prozent ein, sei die Anzahl fast doppelt so hoch.

Die analysierten Geschäftsberichte würden auch nahelegen, dass 2020 in zwölf der 17 analysierten Unternehmen Stellen abgebaut wurden. Insgesamt seien 950 Jobs abgebaut worden. Die Dividenden für die Anteilseigner der ATX-Firmen summieren sich laut der Analyse in den Jahren 2020 und 2021 auf rund 4,2 Mrd. Euro. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2021)

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