Morgenglosse

Wenn sich Politiker im Glanz des Fußballs sonnen

Herbert Neubauer
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Es gehört zum Handwerk politischer Inszenierung, populäre Leistungssportler vor laufenden Kameras zu begrüßen. Dabei hätten alle Beteiligten Besseres zu tun. Außerdem kann so etwas auch ziemlich missglücken.

Gemeinsame mediale Auftritte von Politikern und Leistungssportlern haben etwas Befremdliches an sich. Es schwingt immer ein wenig der Verdacht mit, die breit grinsenden Amtsträger würden nur die Popularität ihres athletischen Gegenübers zu ihren Gunsten ausbeuten wollen. Zumal es meist erfolgreiche Sportler sind, denen die vermeintliche Ehre zukommt, eifrige Politikerhände zu schütteln.

Österreichs Fußballnationalmannschaft als erfolgreich zu bezeichnen, wäre derzeit allerdings nicht ganz akkurat. In sechs Spielen konnte heuer nur ein Sieg eingefahren werden – gegen die Färöer Inseln. Dennoch empfing die Staatsspitze – Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler – das ÖFB-Team feierlich am Inneren Burgplatz der Hofburg.

Verabschiedung nur symbolisch

Oder wie es offiziell hieß: Sie verabschiedeten sie. Denn die Spieler fahren zur Europameisterschaft. Auch wenn sie das Land in Wirklichkeit noch gar nicht verlassen: Es musste noch ein Spiel im Wiener Happel-Stadion bestritten werden und dann ging es ins EM-Lager nach Seefeld in Tirol. Aber um solche Details geht es ja nicht.

Viel wichtiger war, der Mannschaft vor laufenden Kameras Mut zuzusprechen und Erfolg zu wünschen. Sportminister Kogler scherzte ziemlich glaubwürdig, dass die Verlängerung der Gastro-Sperrstunde auf Mitternacht nicht gar so zufällig mit dem EM-Beginn zusammenfällt. Hände wurden pandemiebedingt zwar nicht geschüttelt, aber dafür trafen sich freundlich die Fäuste. Für den Kanzler war sogar ein längerer Smalltalk mit Neo-Real-Madrid-Star David Alaba drin.

Peinlicher Empfang: „How do you do?“

Würden Politiker allen Leistungssportlern vor größeren Turnieren eine ähnliche Aufwartung machen, wäre keine Zeit mehr, um sich um die Staatsgeschäfte zu kümmern. Knapp eine Woche vor Turnierbeginn könnten auch die Fußballer ihre Zeit besser investieren als sich bei sommerlichen Temperaturen in dunkelblauen Anzügen und schwarzen FFP2-Masken den gut gemeinten Wortspenden hinzugeben. Sie könnten zum Beispiel Torabschlüsse üben. Dann würden sie vielleicht erstmals ein EM-Spiel gewinnen und die Vorrunde überstehen - und ihre Rückkehr vom Turnier noch feierlicher ausfallen.

Wobei, es geht immer noch schlimmer. So wurde der damals 19-jährige Alaba – kurz nach seinem ersten Champions-League-Finale mit Bayern München – von einem Politiker im Trainingslager der Nationalmannschaft begrüßt: "How do you do?". Alaba antwortete: "Sie können ruhig Deutsch mit mir reden. Ich bin Österreicher." Sollte der Tiroler Landeshauptmann, Günther Platter, wieder vorhaben, die Spieler bei ihrer Ankunft in Seefeld zu begrüßen, wird ihm dieser Fauxpas wohl nicht noch einmal passieren.

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