Russland

Putin drängt seine Gegner unerbittlich ins Abseits

APA/AFP/VASILY MAXIMOV
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Auf Basis eines neuen Gesetzes gegen „Extremismus“, das extrem freizügig ausgelegt werden kann, hat ein Gericht in Moskau nun alle Vereine und Hilfsgruppen des inhaftierten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny aufgelöst.

Die russische Staatswalze setzt ihren Kurs, die Opposition plattzumachen, fort. Das Moskauer Stadtgericht hat in der Nacht auf Donnerstag die Organisationen bzw. Vereine des seit Monaten in Haft sitzenden Putin-Gegners Alexej Nawalny endgültig verboten. Es erklärte sie, die ohnehin als „Agenten fremder Mächte“ gelten, für „extremistisch“, und kam erwartungsgemäß einer Klage der Staatsanwaltschaft nach.

Betroffen sind die Anti-Korruptions-Stiftung FBK, die Stiftung zum Schutz der Bürgerrechte FZPG sowie die in den russischen Regionen tätigen Stäbe Nawalnys bzw. dessen Bewegung „Russland der Zukunft“. Das Vereinsvermögen wird kassiert. Man wirft ihnen vor, den Staat zu destabilisieren und einen Umsturz auch mit Gewalt vorzubereiten. In Erwartung des Urteils hatten sich die Nawalny-Stäbe in den vergangenen Wochen aufgelöst. Die Verhandlung vor dem Gericht war nicht öffentlich. Nawalnys Anwälte kündigten Berufung an, sie dürfte scheitern.

Gesetz zur Mundtotmachung

Basis des Verbots ist ein neues Gesetz gegen Extremismus, wobei der Begriff weit formuliert ist. Unterstützer und Teilnehmer extremistischer Vereine können bestraft und jahrelang von der Kandidatur zu Wahlen ausgeschlossen werden; das soll de facto der Existenz unerwünschter Parteien angesichts der Parlamentswahl im Herbst vorbeugen. Die Rede ist von einem „Anti-Nawalny-Gesetz“.

Da auch die Begriffe Unterstützung und Teilnahme kaum definiert sind, könnten schon das Zusehen bei Aktionen von Nawalny-Unterstützern oder positive Onlinekommentare Strafen bewirken, wird befürchtet. Das gilt auch für Medien, die nicht im Sinne der Regierung über den liberal-nationalistischen Politiker (45) berichten.

Dieser rief per Instagram dazu auf, sich nicht unterkriegen zu lassen. Sein Team werde sich neu organisieren. Er hatte 2020 einen Giftanschlag überlebt und sitzt seit Monaten in einem Straflager. Einen Hungerstreik brach er ab, seine Gesundheit leidet laut Ärzten und eigenen Angaben, die Rede ist von Psychofolter. Er hatte zuletzt medizinische Behandlung erhalten, sein Zustand dürfte sich etwas gebessert haben.

Die EU schalt den Gerichtsbeschluss als „bisher schwerwiegendsten Versuch der russischen Regierung, Opposition und Antikorruptionsuntersuchungen zu unterdrücken“ sowie die Wahl im Herbst zu beeinflussen. Die USA mahnten zur Einhaltung der Menschenrechte. Das Verbot kommt kurz vor dem Treffen von Präsident Joe Biden mit Wladimir Putin nächste Woche in Genf.

Das österreichische Außenministerium twitterte, dass das Urteil ein weiterer alarmierender Schritt hin zu einem schrumpfenden Raum für die Zivilgesellschaft sei. Zudem bedeute es die Ächtung einer echten politischen Opposition in Russland

(ag./wg)

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