Ungarn

„Ich erkenne Viktor Orbán heute nicht wieder“

Reuters
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Emotionale Gipfeldebatte zu Homosexualität.

Brüssel. Selten emotional haben die Teilnehmer des EU-Gipfels über ein neues ungarisches Gesetz gegen Pädophilie diskutiert, das Homosexuelle stigmatisiert. Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel, selbst ein bekennender Schwuler, zeigte sich nach der Debatte mit dem ungarischen Ministerpräsidenten, der das Gesetz nicht zurücknehmen wollte, schockiert. Er erzählte von einem Abendessen in Budapest mit Viktor Orbán, an dem auch sein Ehemann teilgenommen habe und bei dem der ungarische Regierungschef Toleranz gegenüber anderen sexuellen Orientierungen gezeigt hätte. „Ich erkenne Viktor Orbán heute nicht wieder“, sagte Bettel zum Abschluss des Gipfels.

Während Bettel von Zensur sprach, weil Ungarn Informationen über Homosexualität für alle Jugendlichen verbietet, sprach sein niederländischer Amtskollege, Mark Rutte, davon, dass Orbán mit der Verknüpfung von Homosexualität und Pädophilie zu weit gegangen sei. Er empfahl ihm einen Austritt nach Artikel 50 des EU-Vertrags. Ähnlich äußerte sich António Costa, der amtierende Ratspräsident. Er betonte, dass ein Land nicht Teil der EU bleiben könne, das die gemeinsamen Werte nicht anerkennt. „Das ungarische Gesetz ist ein Verstoß gegen die Grundwerte der Union.“ Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach gar von einem notwendigen „Kulturkampf“ gegen Länder wie Ungarn und Polen. Es gehe um Grundwerte der Zivilisation.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Freitag weitere Schritte gegen Ungarn an. „Im Raum gab es eine breite Unterstützung dafür, dass wir unsere Werte verteidigen müssen.“ Zu diesen Werten zähle auch die Nichtdiskriminierung von Minderheiten. „Wir werden mit den Mitteln des Rechtsstaats gegen das ungarische Gesetz vorgehen.“ (ag./wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2021)

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