Sommerspiele Perchtoldsdorf

Der Richter richtet's sich schon

Wohnzimmer? Gerichtssaal? Beides: Hier bringt das Ensemble Kleists Sprachwitz zum Klingen.
Wohnzimmer? Gerichtssaal? Beides: Hier bringt das Ensemble Kleists Sprachwitz zum Klingen.Alexi Pelekanos
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Veronika Glatzner versetzt Kleists „Zerbrochnen Krug“ nicht ins Heute, sondern ins Zeitlose: Eine anregend schrille Abrechnung mit Korruption.

In Perchtoldsdorf wird einen ganzen Monat lang Premiere gefeiert: Nachdem die erste Vorstellung der heurigen Sommerspiel-Produktion, Heinrich von Kleists „Der zerbrochne Krug“, am Mittwoch wetterbedingt ins Wasser gefallen war, wurde der Auftakt nun am Donnerstag gefeiert, und die premierenüblichen Grußworte werden sich wohl auf die gesamte Spielzeit verteilen, wenn die politischen Patroninnen und Patrone nach und nach ihre Besuche nachholen. So begrüßte Intendant Michael Sturminger sein Publikum mit heiterer Gelassenheit. Seit 2014 leitet der „Jedermann“-Regisseur das jährliche Theaterspiel vor der Turmburg und lieferte dabei stets kluge, anregende Produktionen. Die heurige ist keine Ausnahme.

Veronika Glatzner, eine Regisseurin mit präzisem Gespür für Komik und zwischenmenschliche Feinheiten, hat Kleists 200 Jahre altes Lustspiel weniger ins Heute denn ins Zeitlose versetzt. Ein samtenes rosafarbenes Rundsofa schlingt sich um die Lautsprechersäule in der Mitte der Drehbühne. Darum herum: ein eckiges Fauteuil als Richterstuhl, ein Kühlschrank, ein Schreibpult. Das simple Bühnenbild verdeutlicht, wie sehr sich Berufliches und Privates beim Dorfrichter Adam (Kai Maertens) vermengen. Laienrichter wie ihn, die quasi vom Wohnzimmer aus urteilten, gab es viele in den Niederlanden des späten 17. Jahrhunderts, wo Kleist sein Stück ansiedelte. Hier steht der selbstherrlich geifernde Adam für korrupte Würdenträger aller Zeiten, deren professionelle Verantwortung sich persönlichen Begehrlichkeiten unterordnen muss.

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