#Metoo

Jury für Prozess gegen R. Kelly steht

Gerichtszeichnung von R. Kelly während einer Anhörung vor dem Bundesgericht Brooklyn in New York City
Gerichtszeichnung von R. Kelly während einer Anhörung vor dem Bundesgericht Brooklyn in New York City(c) REUTERS (JANE ROSENBERG)
  • Drucken

Erpressung, sexuelle Ausbeutung, Betreiben eines "Sex-Kults“ - ab heute muss sich der Musiker R. Kelly vor Gericht verteidigen. Seit 2019 sitzt er im Gefängnis.

Er ist neben dem Schauspieler Bill Cosby und dem früheren Hollywood-Mogul Harvey Weinstein die dritte Hauptfigur der #Metoo-Bewegung: R. Kelly. Für den Prozess unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger gegen den früheren Pop-Superstar ist nun eine Jury gefunden worden. Sieben Männer und fünf Frauen seien von Richterin Ann Donnelly eingeschworen worden, teilte das Gericht im New Yorker Stadtteil Brooklyn am Mittwoch mit. Zuvor waren seit Montag Dutzende potenzielle Juroren befragt worden. Am 18. August soll der Prozess mit den Auftaktplädoyers richtig losgehen.

Jahrzehntelange Haftstrafe droht

Kelly muss sich laut Anklageschrift unter anderem wegen Erpressung und sexueller Ausbeutung Minderjähriger verantworten. Gemeinsam mit einem Team von Angestellten soll er jahrelang Mädchen und Frauen zum Sex gezwungen haben. Der seit seiner Festnahme im Sommer 2019 im Gefängnis sitzende Musiker hat alle Vorwürfe immer wieder zurückgewiesen und seinen Kritikern eine Rufmord-Kampagne vorgeworfen.

Wegen Corona war der eigentlich für Mai 2020 geplante Prozessbeginn mehrfach verschoben worden. Der 54-Jährige versuchte wiederholt die Pandemie, als Anlass zu nehmen, auf Kaution vorzeitig aus der Haft entlassen zu werden, diese Anträge wurden aber immer wieder abgelehnt.

Der Prozess soll mehrere Wochen dauern. Bei einer Verurteilung könnte dem "I Believe I Can Fly"-Sänger eine jahrzehntelange Haftstrafe drohen - außerdem liegen auch noch in Chicago und Minnesota ähnliche Anklageschriften gegen ihn vor.

 "Surviving R. Kelly"-Pressekonferenz in Los Angeles mit der Zeugin Lizzette Martinez und ihrer Anwältin Gloria Allred
"Surviving R. Kelly"-Pressekonferenz in Los Angeles mit der Zeugin Lizzette Martinez und ihrer Anwältin Gloria Allred(c) Getty Images (Neilson Barnard)

Kurzehe mit 15-Jährigen

Die ersten Anschuldigungen gegen den 1967 in Chicago geborenen Robert Sylvester Kelly waren bereits vor rund 25 Jahren bekannt geworden. Aber der Musik-Koloss schien unangreifbar auf seinem Pop-Thron - mit mehr als 50 Millionen verkauften Alben, mehreren Grammys und anderen Auszeichnungen gehörte er zu den erfolgreichsten Musikern des späten 20. Jahrhunderts. Seine später annullierte Kurz-Ehe mit der damals erst 15 Jahre alten Sängerin Aaliyah Mitte der 90er-Jahre wurde zunächst nur hinter vorgehaltener Hand kritisiert, weitere Berichte über Beziehungen zu Minderjährigen weitgehend ignoriert.

Mehrere Gerichtsverfahren wegen Geschlechtsverkehrs mit Minderjährigen wurden außergerichtlich beigelegt, in einem Prozess wegen des Besitzes von Abbildungen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs wurde Kelly freigesprochen. Aber dann ballte es sich um 2017 zusammen - gleichzeitig mit dem Aufkommen der #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Belästigung: Kellys zweite Ehefrau Andrea, mit der er zwischen 1996 und 2009 verheiratet war, macht ihrem Ex-Mann schwere Vorwürfe. Er habe sie emotional, körperlich und sexuell missbraucht, sie habe in der Ehe um ihr Leben gefürchtet. Zudem gab es Berichte, dass der Sänger einen "Sex-Kult" betreibe, auf mehreren Anwesen junge Frauen festhalte und zum Sex zwinge.

"Surviving R. Kelly"

Die Aufsehen erregende Dokumentation "Surviving R. Kelly" fasste die Vorwürfe des "Sex-Kults" Anfang 2019 zusammen. Darin kam auch Sänger-Kollege John Legend zu Wort, der sich selbst und die gesamte Musikindustrie scharf kritisiert: "Wir haben zu lange weggeschaut." Immer mehr Stars distanzierten sich daraufhin von Kelly, zudem Radiosender, Streaming-Dienste und schließlich auch sein Musiklabel RCA, das zu Sony Music gehört. Im Sommer 2019 wurde Kelly schließlich in Chicago festgenommen, als er gerade mit seinem Hund "Believe" spazieren ging. Nun dürfte der Musiker, der zuletzt 2016 ein Album herausgebracht hat, gleich mehrere lange Prozesse vor sich haben. 

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Der Prozess gegen den früheren Popstar hat am Mittwofch in New York begonnen.
Prozess

Missbrauchsvorwürfe: Mutmaßliches Opfer sagt weiter gegen R. Kelly aus

Die Zeugin präzisierte am Donnerstag ihre Aussagen vom Vortag. Dem Pop-Superstar werden vor dem Gericht im New Yorker Stadtteil Brooklyn unter anderem die sexuelle Ausbeutung Minderjähriger, Kidnapping und Bestechung vorgeworfen.
R. Kelly (Archivbild aus dem Jahr 2019)
#Metoo

Auftaktplädoyers im Missbrauchsprozess gegen R. Kelly

Der ehemalige Pop-Superstar muss sich wegen Erpressung und sexueller Ausbeutung Minderjähriger verantworten. Bei einer Verurteilung droht ihm eine jahrzehntelange Haftstrafe.
Gerichtszeichnung von R. Kelly aus einer Anhörung im Juni.
Prozessbeginn

"Sex-Kult"-Vorwürfe: Ex-Popstar R. Kelly erstmals vor Gericht

In den 90er-Jahren zum Superstar, doch dann folgte ein tiefer Fall - In New York muss sich Kelly nun wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger verantworten. 25 Jahre nach ersten Vorwürfen. Und weitere Prozesse könnten folgen.
R. Kelly (Archivbild)
Vor Prozessbeginn

Neue Missbrauchsvorwürfe gegen Popsänger R. Kelly

Laut Gerichtsdokumenten soll der 54-jährige Sänger neben mehreren minderjährigen Mädchen auch einen 17-Jährigen Burschen missbraucht haben.
Eine weitere Zeugin erhob schwere Vorwürfe gegen den Musiker.
Prozess

R. Kelly soll Missbrauch als Strafe eingesetzt haben

Eine Zeugin sagte im Missbrauchsprozess um den Musiker aus, dass dieser sie als Strafe für Ungehorsam zum Sex mit einem fremden Mann gezwungen habe. R. Kelly soll den Akt angeleitet und gefilmt haben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.