Leitartikel

Die neue Ära der Gleichgültigkeit

geflüchtete Afghanenen vor der pakistanischen Grenze
geflüchtete Afghanenen vor der pakistanischen GrenzeReuters
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Das monumentale Afghanistan-Debakel markiert eine Wende: In absehbarer Zeit wird es wohl keine westlichen Militärinterventionen mehr geben, so dick kann der humanitäre Anstrich gar nicht sein.

Nach ihrem furiosen Eroberungsfeldzug stehen den radikalen Taliban in Afghanistan alle Optionen offen. Entweder marschieren sie schnurstracks weiter auf die Hauptstadt, Kabul, oder sie lassen sich aus einer Position der Stärke auf Verhandlungen ein und bilden eine Art islamistischer Volksfrontregierung unter ihrer Führung. Die Macht ist ihnen in beiden Fällen so gut wie sicher.

Wenn sie es geschickt anstellen, sichern sich die Extremisten bei ein paar Tassen Tee in Katar auch noch die internationale Anerkennung für ihr vorsintflutliches Emirat. Von UN-Generalsekretär António Guterres abwärts läuft ihnen die Weltgemeinschaft gerade nach, um sie an den Verhandlungstisch zu bekommen. Das ist erbärmlich, aber so sieht die Lage aus nach fast 20 Jahren einer westlichen Intervention, deren Ziel es nach den Anschlägen vom 11. September war, die Infrastruktur des Terrornetzwerks al-Qaida am Hindukusch zu zerschlagen und die Taliban von der Macht zu vertreiben.

Militärisch haben die Taliban nicht mehr viel zu befürchten. Der Abzug der USA und ihrer Verbündeten ist beinah abgeschlossen. Die 3000 US-Soldaten, die nun wieder auf dem Flughafen in Kabul eintrudeln, sollen vor allem die Evakuierung der Botschaft absichern. Die afghanische Armee, jahrelang mit US-Milliarden künstlich aufgepäppelt, ist binnen weniger Tage zusammengebrochen. Ohne westliche Schützenhilfe hat sie sich als unfähig und unwillig erwiesen, ihr eigenes Land gegen die Taliban zu verteidigen.

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