Bildabgleich

Polizei setzte Gesichtserkennung seit Einführung 1574 Mal ein

Die Presse/Clemens Fabry
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Knapp 1600 Mal wurde die Software eingesetzt. Seit Ende 2019 wurden damit 16 Mord-, 100 Raub- und zwölf Terrorverdächtige identifiziert. Die SPÖ-Mandatarin Kucharowits kritisiert die „ausufernde Nutzung“.

Die Einführung der Gesichtserkennungssoftware wurde als Mittel zur Bekämpfung von Terroristen, Mördern oder Räubern argumentiert. Zwei Jahre später zeigt sich, sie wird hauptsächlich für kleinere Delikte wie Diebstähle eingesetzt. Auch zur Ausforschung von Anrufern, welche über den Notruf die Polizei narrten, wie aus einer Anfragebeantwortung einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ-Mandatarin Katharina Kucharowits durch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hervorgeht. 1574 Mal wurde der digitale Bildabgleich, wie die benutzte Gesichtserkennungssoftware offiziell heißt, benützt. Kucharowits nannte das "ausufernde Nutzung".

Der Einsatz der Software ist im Sicherheitspolizeigesetz (SPG) und in der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Demnach kann die Polizei den digitalen Bildabgleich nur einsetzen, wenn bei unbekannter Täterschaft der Verdacht auf Begehung einer vorsätzlich gerichtlich strafbaren Handlung vorhanden ist. Aus einer vorhergehenden Anfragebeantwortung ging hervor, dass damit vor allem Vermögensdelikte wie zum Beispiel Einbruchsdiebstähle geklärt werden sollten.

Dem "Kurier" zufolge wurden auch Anrufer damit verfolgt, welche über den Notruf die Polizei narrten oder Menschen, die durch Adoption Nichtstaatsbürgern zu einem Aufenthaltstitel verhalfen. Der Anfrage zufolge wurden seit Ende 2019 auch 16 Mord-, 100 Raub- und zwölf Terrorverdächtige identifiziert. 

Kucharowits ortete Diskriminierungsgefahr auch dadurch, dass die Software fehleranfällig sei, was zu Treffern führen könne, die sich im Nachhinein als falsch erweisen würden. Das Innenministerium betonte, dass erkannte Personen nur einen Ermittlungsansatz darstellen würden, der von den Beamten stets dahin gehend überprüft würde, ob die betreffende Person überhaupt mit der Straftat in Verbindung stehen könne.

Gesichtserkennung zur Identifizierung von Demonstranten

Nach einer einjährigen Testphase ist seit August 2020 Gesichtserkennung zur Strafverfolgung in Österreich im Regelbetrieb. Das Innenministerium veröffentlichte erst nach parlamentarischen Anfragen Informationen über den Einsatz der Gesichtserkennungssoftware in Österreich. Sie wird laut Innenministerium derzeit vom Bundeskriminalamt zur Ermittlung von vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlungen eingesetzt - unabhängig der Strafhöhe eines Deliktes. Mithilfe der Software sollen Bilder eines Gesichtes, wie zum Beispiel Fotos aus Überwachungskameras, mit den Fotos einer Referenzdatenbank der Sicherheitsbehörden ("Zentrale Erkennungsdienstliche Evidenz") abgeglichen werden.

Immer mehr Länder setzen Gesichtserkennungstechnologie zur Überwachung des öffentlichen Raums ein. Derzeit wird in mindestens zehn EU-Mitgliedstaaten Gesichtserkennungstechnologie von der Polizei eingesetzt. In China wird laut Amnesty International die Technologie zur Überwachung der muslimischen Minderheit Uiguren eingesetzt. In Russland setzte die Polizei bei den jüngsten Protesten Gesichtserkennung ein, um Protestierende zu identifizieren und zu verfolgen.

In den USA wurde im Zuge der Black-Lives-Matter-Proteste das Missbrauchspotential der Technologie kritisiert. Daraufhin kam es in zahlreichen Städten in den Vereinigten Staaten zu einem Verbot von Gesichtserkennung.

(APA/bagre)

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