E-Mobilität

„Grüne“ Batterien als Starthilfe für Elektromobilität

Batterien für Elektroautos befinden sich in ständiger Weiterentwicklung.
Batterien für Elektroautos befinden sich in ständiger Weiterentwicklung.(c) imago images/MiS (via www.imago-images.de)
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Leistungsfähige Batterien sind eine Voraussetzung, damit die umweltfreundliche Mobilität in die Gänge kommt. Doch ihre Herstellung gilt als wenig nachhaltig. Am europaweit ersten Batterie-Innovationszentrum in Graz wird an ökologischeren Fertigungsmethoden geforscht.

Vier intelligente Roboter stehen an ihren Arbeitsplätzen und bauen eine Autobatterie zusammen. Das ist neu bei AVL List in Graz, jenem Unternehmen, dessen Forschungsarbeit zur Entwicklung von Antriebssystemen in der Automobilindustrie Weltruf genießt. Das „V“ im 70 Jahre alten Firmennamen steht für „Verbrennungskraftmaschinen“, doch die Elektromobilität ist bei den Motorexperten in der steirischen Hauptstadt längst angekommen. Und mit der Inbetriebnahme des europaweit ersten Batterie-Innovationszentrums haben die Grazer Entwickler nun sogar eine Vorreiterrolle in Sachen E-Mobilität übernommen. Die Roboter zeigen vor, wie die leistungsstarke und vor allem umweltfreundliche Batterie der Zukunft entsteht.

Biobasierte Klebstoffe

„Wir entwickeln keine Batterien, sondern Produktionsprozesse“, stellt Wenzel Prochazka, Senior Product Manager, klar. Und Georg von Falck, zuständig für Produktqualität und Produktionstechnik, erklärte bei der Eröffnungsfeier des Zentrums am Donnerstag den Hintergrund: „Bei Verbrennungsmotoren entsteht der Großteil des ökologischen Fußabdrucks während der Nutzung, bei strombetriebenen Antrieben jedoch während der Herstellung.“ Und da wiederum sind es die Batterien, deren Erzeugung wenig nachhaltig ist. Das wollen die Forscherinnen und Forscher von AVL ändern.

Aufgabe der Roboter ist es, einzelne Batteriezellen zu Modulen zusammenzustellen. Diese Module wiederum werden später zu Packs verbaut, die die fertige Autobatterie ergeben. „Allein im Zusammenbau der Module stecken mehr als ein Dutzend Produktionsprozesse, die wir bereits entwickelt haben“, sagt Prochazka.

Ein Beispiel? Weltweit sind die Batteriehersteller bemüht, die Zellen in den Modulen miteinander zu verkleben statt zu schrauben. Bei AVL List geht man noch einen Schritt weiter: Hier werden biobasierte Klebstoffe verwendet. Das ergibt gleich doppelt Sinn. „Wenn man Schrauben einspart, verringert sich das Gewicht der Batterie. Dadurch erhöht sich die Reichweite“, sagt Prochazka. „Und der Einsatz von ,grünem‘ Klebstoff reduziert den ökologischen Fußabdruck der Herstellung.“ Auch bei der Kühlflüssigkeit setzen die Grazer Expertinnen und Experten auf „bio“.

Die Prozesse unterliegen einer ständigen Qualitätskontrolle. So wird unter anderem getestet, ob die eingesetzten Materialien und Fertigungsschritte Vibrationen aushalten, wie sie später beim Betrieb des Fahrzeugs entstehen. „Eine große Herausforderung ist das Arbeiten mit elektrischer Spannung“, erklärt Prochazka. Die Roboter sind daher speziell ausgerüstet, um mit diesen Gegebenheiten zurechtzukommen. Ihre Ausrüstung umfasst unter anderem Messgeräte zum Prüfen der Spannung in den Zellen. Ein weiteres Problem: Es gibt mehrere Zelltypen, die sich voneinander durch ihre Form unterscheiden. Die Roboter sollen natürlich mit allen Typen zurechtkommen.

Im Batterie-Innovationszentrum, das von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG unterstützt wird, arbeitet AVL List mit regionalen Forschungseinrichtungen wie der TU Graz und der Montanuniversität Leoben zusammen. Die Grazer wollen aber auch Industriepartnern die Möglichkeit bieten, neue Produktionstechnologien auszutesten. So soll der Herstellungsprozess von der Idee bis zur Marktreife deutlich beschleunigt werden.

Wettbewerbsvorteil Nachhaltigkeit

Für CEO Helmut List ist die Optimierung der Produktionsverfahren ein Schlüsselfaktor auf dem Weg zur Elektromobilität und wird darüber mitentscheiden, ob sie sich letztlich wird durchsetzen können. „Während die Technologien für Hochvoltbatterien schon fortgeschritten sind, gibt es hier noch sehr viel Potenzial“, sagte List bei der Eröffnung. Zudem hofft man, den europäischen Erzeugermarkt zu stärken. Die Autohersteller sind derzeit vorwiegend auf Importe aus dem fernöstlichen Raum angewiesen. Mit der zunehmenden Verbreitung der E-Mobilität werde sich die Nachfrage nach Batterien vervielfachen, sagen die Experten voraus. „Grüne“ Technologien könnten dabei ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.

LEXIKON

Batterien für Elektroautos befinden sich in ständiger Weiterentwicklung, um die Effizienz zu erhöhen und die Umweltfolgen bei der Herstellung (Rohstoff-Abbau, CO2-Emission) zu verringern. Die Produktion eines E-Autos benötigt etwa doppelt so viel Energie wie die eines Fahrzeugs mit Verbren-nungsmotor, allerdings machen E-Autos einiges im Verbrauch wieder wett. Stand der Technik für den Massenmarkt sind derzeit Lithium-Ionen-Batterien. Doch Lithium ist selten und teuer. Vielversprechende Alternativen sind Feststoff-Batterien und Natrium-Ionen-Batterien. Natrium ist häufiger und auch mit weniger Energieaufwand zu verarbeiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2021)

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