Haiti

17 US-Missionare entführt - US-Regierung in Kontakt mit Behörden

Haiti befindet sich derzeit in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise.
Haiti befindet sich derzeit in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise.AFP
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Die Mitarbeiter einer christlichen Organisation wurden nahe Port-au-Prince überfallen.

Der Bus war auf dem Weg zum Flughafen, als er in einem Vorort der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince überfallen wurde. Seitdem fehlt von den mindestens 17 US-Missionaren samt ihre Familien jede Spur. Sicherheitskreise sprachen von einer Entführung – unter den Gekidnappten seien auch Kinder.

Laut Medien wurden die Missionare von der kriminellen Bande 400 Mawazo, einer von Dutzenden in der Hauptstadt marodierenden Gangs, überfallen. Bei den Verschleppten handle es sich um Mitglieder einer religiösen Organisation mit Sitz im US-Bundesstaat Ohio, der Christian Aid Ministries. Einige von ihnen seien das erste Mal in Haiti gewesen. Unklar war zunächst, ob eine Lösegeldforderung vorlag.

Die christlichen Missionare wollten zum Flughafen und einige Mitglieder der Gruppe dort absetzen, bevor der Rest der Gruppe zu einem anderen Ziel in Haiti weiterfahren wollte, hieß es in einem Bericht der „New York Times“ unter Berufung auf lokale Beamte. Zuvor hätten die christlichen Missionare und ihr Familien ein Waisenhaus etwa 30 Kilometer östlich der Hauptstadt besucht.

Die US-Regierung steht mit den Behörden in Haiti in Kontakt. Man arbeite mit ihnen und behördenübergreifenden Partnern zusammen, teilte ein Sprecher des Außenministeriums am Sonntagabend (Ortszeit) mit. "Das Wohlergehen und die Sicherheit von US-Bürgern im Ausland ist eine der höchsten Prioritäten des Außenministeriums", hieß es weiter.

Chaos, Katastrophen, Gewalt

Haiti befindet sich derzeit in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Es wird seit Jahren von politischem Chaos und krimineller Gewalt geplagt. Anfang Juli wurde Staatspräsident Jovenel Moïse in seiner Residenz erschossen, die Hintergründe sind bis heute ungeklärt. Im August erschütterte ein schweres Erdbeben den Südwesten des Landes. Dabei wurden 130.000 Häuser zerstört, mehr als 2200 Menschen starben.

Das Bandenunwesen versetzt Bewohner wie Besucher in Angst und Schrecken. Die Region, in der die Missionare verschleppt wurden, werde von der Bande 400 Mawozo kontrolliert, berichtete die Zeitung "Le Nouvelliste" unter Berufung auf Polizeikreise. Die Gang hatte im April zehn Priester, Nonnen und Familienmitglieder eines Geistlichen verschleppt. Später wurden die Entführten freigelassen.

Laut "Washington Post" ist die Anzahl der Entführungen in Haiti umgerechnet auf die Einwohnerzahl die höchste der Welt. Sie habe sich in diesem Jahr im Vergleich zum gleichen Vorjahreszeitraum versechsfacht. Dies sei das deutlichste Zeichen für das Abgleiten des Landes in die Anarchie, schrieb die Zeitung. Die Entführer verlangen meist hohe Lösegelder und zögern nicht, ihre Opfer zu ermorden.

Bewaffnete Banden sorgen für zusätzliche Unsicherheit im Karibikstaat, Entführungen mit Lösegeldforderungen nehmen seit Monaten dramatisch zu. Zahlreiche Haitianer versuchen derzeit, ihr Land zu verlassen. Viele von ihnen machen sich auf den Weg in die USA.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2021)

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