Österreich der Gegensätze

Wie die Berge ins Fernsehen kommen

Nicht immer live: Wenn es draußen noch dunkel ist, muss man sich mit den Bildern vom Vortag begnügen.
Nicht immer live: Wenn es draußen noch dunkel ist, muss man sich mit den Bildern vom Vortag begnügen. ⫻ ORF
  • Drucken

Seit 1990 sendet der ORF das Wetterpanorama. Die anfangs skeptisch beäugte Idee dafür hatte Peter Schröcksnadel. Der Rundblick über die Berge tut auch der Psyche gut. Und übers Wetter reden alle gern. Warum eigentlich?

Aus dem Fernseher dringt eine Mischung aus Loungemusik und Fahrstuhlgedüdel. Manchmal klingt der frühe Morgen im ORF auch etwas volkstümlicher. Man braucht die Augen gar nicht aufzumachen, um zu wissen, was da läuft: das Wetterpanorama. Während die Musik also versucht, möglichst nirgends anzuecken, wird der Zuschauer in dieser Randzone des ORF-Universums mit Bildern versorgt, die den Eindruck erwecken, als hätte jemand den Auftrag erhalten, die erste Zeile der österreichischen Bundeshymne als Video zu formatieren: „Land der Bergehe, Land am Strohome . . .“ So ziehen sie vorbei: der Hochficht (die Hammondorgel schwurbelt), Hochfügen, das Schloss Mirabell, Ischgl und was es sonst noch so gibt, worauf die heimische Tourismuswirtschaft stolz ist. Vor allem sind es Berglandschaften mit ihren Gipfeln, Almen und Hütten. Und Seilbahnen, auch wenn die das Szenario nicht unbedingt behübschen.


Die Idee kam vom Kitzsteinhorn. Ob es sich lohnt, hinaufzufahren? Das eben sollen die Videos der Wetterkameras zeigen. Die Idee dazu, die Bilder nicht nur in die Hotelzimmer, sondern auch im ORF zu übertragen, kam dem ehemaligen ÖSV-Präsidenten Peter Schröcksnadel vor mehr als 30 Jahren. Schon Anfang der 1980er-Jahre hatte man auf dem Kitzsteinhorn eine Kamera aufgestellt, um die Landschaftsbilder mittels Kabelnetz in die Hotels nach Zell am See zu senden. Unten im Tal liegt oft der Nebel, während oben die Sonne strahlt. Warum, so Schröcksnadel, sollte man diese Bilder nicht auch im Fernsehen senden? Als touristisches Service. Er hatte in den 1970er-Jahren schon die Info-Tafeln erfunden, auf denen angezeigt wurde, ob und wo in einem Ort noch Zimmer frei sind. Seither hat der geschäftstüchtige Tiroler ein richtiggehendes Imperium rund um den (Ski-)Tourismus aufgebaut und investierte u. a. in eine Reihe von Skigebieten. Die zur Schröcksnadel-Gruppe gehörende Feratel verkauft auch Kameras fürs Wetterpanorama. Kostenpunkt zwischen 2500 und 7000 Euro – je nach technischer Finesse. Aktuell hat die Feratel nach eigenen Angaben mehr als 1200 Kameras in ihrem System und beliefert neben 15 nationalen und internationalen TV-Stationen auch Onlineportale und Apps. Sie schickt die Bilder an den ORF, der sie in der ORF-III-Sendeabwicklung in Pfarrwerfen mit Musik unterlegt und die Wetteranimation zuspielt. Die redaktionelle Hoheit liegt beim ORF: Er entscheidet, welcher Standort auf Sendung geht und welcher nicht. Wer also kurz überlegt hat, den eigenen Vorgarten samt Zwergenschar in Szene zu setzen: Das wird nichts.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.