Frauengesundheit

Covid-Impfung auch in der Schwangerschaft sicher

Pregnant Vaccination. Pregnant Woman In Face Mask Getting Vaccinated in Clinic. Doctor Giving Corona Virus Vaccine Injection Patient. Covid-19 Flu Protection. Selective focus.
Pregnant Vaccination. Pregnant Woman In Face Mask Getting Vaccinated in Clinic. Doctor Giving Corona Virus Vaccine Injection Patient. Covid-19 Flu Protection. Selective focus.(c) Getty Images/ Marina Demidiuk
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Prepare for pregnancy: Schwangeren und solchen, die es werden wollen, wird die Covid-Impfung klar empfohlen. Trotzdem besteht hierzulande noch Skepsis. Zwei Ärzte klären auf.

Der Körper ist ein Tempel – so heißt es in der Bibel. Und während der Schwangerschaft trifft das für viele Frauen erst recht zu. Auf Alkohol, rohen Fisch, Produkte aus Rohmilch soll unter anderem verzichtet werden. Und als die Covid-Impfung Anfang des Jahres ihr Debüt feierte, waren Schwangere verunsichert – es gab kein ausreichendes Datenmaterial, das die Impfung für Schwangere als sicher einstufte. Auch im Hinblick auf Fruchtbarkeit gab es Bedenken.

Doch schon seit dem Frühjahr empfiehlt die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie (OEGGG) Schwangeren, sich impfen zu lassen. Die Aufgabe der OEGGG sei es, unzählige Studienergebnisse zu interpretieren, zu bündeln, und in Form von Hilfestellungen für Beratung, Empfehlungen und Therapiestandards an Gynäkologen sowie die Öffentlichkeit weiterzugeben, erklärt Gunda Pristauz-Telsnigg, OEGGG-Präsidentin und Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe. Und: „Wir haben immer fundiertere Daten, die hauptsächlich aus den USA und Israel kommen.“ Sie beruft sich etwa auf das „V-safe COVID-19 Vaccine Pregnancy Registry“ der amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention. Dieses wurde am 12. Oktober 2021 aktualisiert und enthielt zu diesem Zeitpunkt Daten von 166.153 Schwangeren, die sich impfen ließen. Die Stellungnahme auf der Webseite: „Wenn Sie schwanger sind, können Sie sich gegen Covid-19 impfen lassen. Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass Impfstoffe, einschließlich Covid-19-Impfstoffe, Fruchtbarkeitsprobleme verursachen.“ Rudolf Schmitzberger, Wiener Kinder- und Jugendarzt und Leiter des Impfreferats der Österreichischen Ärztekammer, warnt zudem: „Eine Schwangere ist nicht alleine, sie hat eine andere Verantwortung.“ Die beiden Experten über Risken, Studien, schwere Verläufe:

Empfehlen Sie die Impfung für Schwangere und solche, die es werden wollen?
Pristauz-Telsnigg: Unbedingt, ja. Schwangere haben mit schwersten Nebenwirkungen von Covid zu rechnen.

Schmitzberger: Ja! Beispielsweise hat am 11. Oktober der National Health Service in England berichtet, dass Schwangere fast 20 Prozent der schwerkranken Covid-Patienten einnehmen. Auch deshalb gilt der terminus technicus: prepare for pregnancy. Also auch jüngere Frauen und solche im gebärfähigen Alter sollten sich impfen lassen. Die Tatsache, dass Studien zur Impfung mittlerweile gezielt mit Schwangeren durchgeführt werden, zeigt, wie sicher sie ist. Gäbe es ein Restrisiko, wäre das nicht der Fall.

»Schwangere mit Covid-Erkrankung haben ein 80 Prozent höheres Risiko für Frühgeburten und eine höhere Rate an Totgeburten und Schwangerschaftskomplikationen.«

Warum besteht bei Frauen Skepsis gegenüber Impfungen generell?
Pristauz-Telsnigg: Ich glaube, dass Frauen grundsätzlich besorgter um ihre Gesundheit sind als Männer. Gerade im reproduktiven Alter und in der Schwangerschaft sind Frauen besonders besorgt, dass etwas ihrer Gesundheit oder Fertilität schaden könnte. Dazu gehören Ernährung, Umweltfaktoren, teilweise sogar der Verzicht auf Haarfärbemittel. Also auch Dinge, bei denen man keine Bedenken haben muss, werden von manchen Frauen gemieden. Das heißt nicht, dass Männer sich nicht um ihre Gesundheit sorgen, aber bei Frauen steht mehr auf dem Spiel. Bezüglich der Covid-Impfung ist es bei vielen auch ein Aufklärungs- oder Wissensmangel.

Schmitzberger: Generell würde ich nicht unterstreichen, dass Frauen Impfskeptiker sind. Es kommt auf die Impfung an. Die FSME-Impfung ist ein Blockbuster, hochakzeptiert. Bei der HPV-Impfung besteht wesentlich höherer Aufklärungsbedarf (siehe auch Seite 60, Anm.). Es hängt immer davon ab, wie neu eine Impfung ist. Wenn es um Schwangerschaft und Kind geht, sind Frauen mehr besorgt, aber wenn man ein entsprechendes Gespräch führt, kann man sie sicherlich motivieren und überzeugen. Viele Mythen zur Covid-Impfung wurden inzwischen von Studien zerschlagen. Die Impfung macht genauso wenig unfruchtbar wie ein Schnupfen. Wäre das der Fall, dann würde auch eine Covid-Erkrankung unfruchtbar machen.

Wie liefen Studien bei der Covid-Impfung ab? Schließlich werden bei den meisten Studien Schwangere anfangs ausgeschlossen.
Pristauz-Telsnigg: Genau, bei den Covid-Studien war es – wie bei klinischen Studien üblich – am Anfang zumindest so, dass Schwangere nicht inkludiert wurden. Aber es waren einige Probandinnen dabei, die noch nicht wussten, dass sie schwanger waren oder bei denen der Schwangerschaftstest erst negativ war und die dann doch schwanger waren.

Wie hat es sich entwickelt, dass man doch auch bewusst an Schwangeren die Covid-Impfung getestet hat?
Pristauz-Telsnigg: Indem wir immer mehr Daten akquiriert haben und immer öfter schwere Verläufe von Covid bei Schwangeren beobachtet haben. Covid ist für sie eine gefährliche Krankheit. Somit ließen sich dann immer mehr Schwangere impfen, besonders im amerikanischen Gesundheitspersonal. Da konnten wir uns immer näher Richtung Empfehlung bewegen, mittlerweile empfehlen wir die Impfung unbedingt. Auch, weil wir so viele Sicherheitsdaten (Nebenwirkungsprofile, Komplikationsraten) haben. Das ist jetzt ein anderer Wissensstand als zu Beginn der Pandemie.

»Wer einkaufen geht, Straßenbahn fährt, sich unter der Bevölkerung in geschlossenen Räumen aufhält, riskiert, sich anzustecken.«

Was sind Beispiele von schweren Covid-Verläufen in der Schwangerschaft?
Pristauz-Telsnigg: Da kann man viele Studien zitieren. Zum Beispiel haben Schwangere mit Covid-Erkrankung ein 80 Prozent höheres Risiko für Frühgeburten, sie haben eine höhere Rate an Totgeburten, an Präeklampsien (Schwangerschaftsvergiftungen), Neugeborene und Mütter selbst kommen öfter auf die Intensivstation, müssen dort länger beatmet werden … unzählige.

Schmitzberger: Die Schwangerschaft selbst stellt einen Risikofaktor bei einer Covid-Erkrankung dar, das hängt mit hormonellen Veränderungen zusammen. Wenn Risikofaktoren wie Adipositas oder Diabetes bestehen, kommt es besonders häufig zu Präeklampsien und Frühgeburten, Sterberisiko und Totgeburten. Man spricht von einem Zytokinsturm durch die entzündlichen Veränderungen in der Gebärmutter.
Sind Nebenwirkungen der Impfung bei Schwangeren stärker?
Pristauz-Telsnigg: Nein, absolut nicht.

Was raten Sie Schwangeren, die nicht geimpft sind?
Pristauz-Telsnigg: Sich unbedingt impfen zu lassen. Wer das ablehnt, muss alles Mögliche tun, um sich nicht zu infizieren. Also am besten zu Hause bleiben, niemanden treffen. Wobei ja die Delta-Variante die ansteckendere ist. Wir vergleichen sie mit den Windpocken (die über den Wind übertragen werden und so ansteckend sind, dass, wenn zwei Personen sich in einem Raum aufhalten, sicher beide die Windpocken bekommen). Das heißt, es ist eine hochinfektiöse Virusvariante, und wer einkaufen geht, Straßenbahn fährt, sich mit anderen in geschlossenen Räumen aufhält, riskiert, sich anzustecken. Doch ich glaube kaum, dass man von einer jungen, gesunden Frau erwarten kann, monatelang zu Hause zu bleiben.

Schmitzberger: Ungeimpfte müssen besonders darauf achten, eine FFP2-Maske zu tragen, sowie auf regelmäßige Händehygiene und Abstandsregeln. Bussi, Bussi: bitte nicht.

Happy pregnant woman with friends in park
Happy pregnant woman with friends in park(c) Getty Images/ Morsa Images

Und eine völlige Abschottung kann ja auch Folgen für die mentale Gesundheit haben.
Pristauz-Telsnigg: Natürlich, und dann kommt die Angst dazu. Die Angst, sich zu infizieren, schwer zu erkranken, dem Kind zu schaden, aber auch gegenüber der Impfung, die so viele Experten empfehlen. Ein anderes Beispiel: Wenn Sie ein Auto in die Werkstatt stellen und der Mechaniker sagt, der Zylinder ist kaputt, dann lassen Sie ihn austauschen. Sie zweifeln das nicht an. Aber in der Medizin wird vieles angezweifelt. Einem Mechaniker vertraue ich, gebe ihm mein Auto und fahre 130 Kilometer pro Stunde auf der Autobahn. Aber wenn der Arzt sagt, man solle sich impfen lassen, dann sind viele zögerlich. Impfungen sind generell sehr polarisierend. Grundsätzlich sind sie die größte Errungenschaft in der Medizin. Wir können präventiv mit ganz wenigen Nebenwirkungen Großes verhindern. Man erkrankt nicht, hat kaum Nebenwirkungen und ist teilweise ein Leben lang geschützt.

Es gab auch Gerüchte, die Covid-Impfung könnte sich negativ auf die Fruchtbarkeit auswirken?
Pristauz-Telsnigg: Die Oberflächenproteine des Covid-Virus haben einen sehr gering ähnlichen Aufbau wie Proteine im Mutterkuchen. Die Impfung sensibilisiert unser Immunsystem auf den Virus und bildet Antikörper gegen diesen. Deshalb meinen manche, dass ein Anteil auch gegen den Mutterkuchen wirken und so verhindern könnte, dass man schwanger wird. Aber es ist nicht rational, da sich diese Proteine kaum gleichen und wir viele Daten dazu haben, dass die Covid-Impfung weder die Fehlgeburten- noch die Unfruchtbarkeitsrate erhöht. Wenn das stimmen würde, wäre eine Covid-Erkrankung noch viel schlimmer, da die Antikörperbildung bei dieser viel höher ist. Viele haben das einmal gehört und sich nicht weiter beim Arzt informiert. Und es ist auch schwer zu verstehen, weil es komplex ist.

Schmitzberger: Die scheinbare Ähnlichkeit zwischen den beiden Proteinen reicht nicht für eine Verwechslung. Der Genetiker Lennart Randau sagt dazu, dass das statistisch vollkommen irrelevant sei. Eine solche Sequenz sei im menschlichen Genom in einer großen Anzahl zu finden. Selbst Vergleiche mit einem gewöhnlichen Erkältungsvirus zeigen: Auch dort gibt es Überschneidungen. Nach der Logik der Impfskeptiker müssten also alle Frauen, die schon mal einen Schnupfen hatten, um ihre Fruchtbarkeit bangen. Und alle, die sich mit Covid-19 infiziert haben, sowieso.

Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft aus?
Schmitzberger: Ganz wichtig ist, dass auch Kinder und Jugendliche geimpft werden. Inzwischen wird die Impfung für 12- bis 18-Jährige empfohlen und dasselbe für unter 12-Jährige steht bevor. Wenn auch Kinder und Kindergartenkinder geimpft werden, dann können wir uns wesentlich sicherer fühlen. Vor allem vulnerable Gruppen, die nicht geimpft werden können, onkologische Patienten, Personen mit Immundefekt, können so geschützt werden. Um Kant frei zu zitieren: „Die eigene Freiheit hört dort auf, wo man anderen schadet.“ Somit sollte Impffreiheit bei schwangeren Frauen aufhören. Bestimmte Berufsfelder, wie zum Beispiel in der Gesundheit und Pädagogik, schließen teilweise schon Personen aus, die nicht geimpft sind – eine indirekte Impfpflicht.

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