Bezirksgericht Bregenz

Ex-Kanzler Kurz gewinnt Prozess wegen Ehrenbeleidigung

Archivbild. Kanzler Kurz und der ehemalige Gesundheitsminister Anschober waren Ziel der Hassnachrichten.
Archivbild. Kanzler Kurz und der ehemalige Gesundheitsminister Anschober waren Ziel der Hassnachrichten.APA/HERBERT NEUBAUER
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Ein Vorarlberger hatte Kurz während seiner Kanzlerschaft per E-Mail unflätig beschimpft und den Text an andere Politiker weitergeleitet. Als Motiv nannte er unter anderem die Maßnahmen gegen Corona.

In Vorarlberg ist dem früheren Bundeskanzler, Sebastian Kurz, laut Informationen der „Vorarlberger Nachrichten" (VN) ein Sieg vor Gericht gelungen. Ein älterer Mann aus Bregenz hatte Kurz während dessen Amtszeit in E-Mails, die er auch an andere Politiker weiterleitete, übelst beschimpft. Dafür wurde er am Mittwoch vom Bezirksgericht Bregenz wegen Beleidigung verurteilt und muss sich infolge einer Unterlassungsklage von Kurz weiterer Aktionen dieser Art enthalten. Staatsanwalt und Verteidigung gaben keine Erklärungen ab. Das Urteil war daher vorerst noch nicht rechtskräftig.

Die Geschichte liest sich einigermaßen skurril. Der besagte 67-jährige Bregenzer ist im Ländle nicht ganz unbekannt und fällt laut VN als Leserbriefschreiber und „Quertreiber" bei politischen Diskussionen auf. Er antwortete demnach bei der Verhandlung auf die Frage nach seinem Beruf, er sei „Forscher ohne Gehalt" und lebe von der Mindestsicherung. Gegenüber Richter Christian Röthlin gestand er seine Tat sofort ein, ergänzte aber: „Ich würde es heute wieder tun!"

„Eine Orgie von Beleidigungen"

Es ging demnach um wüsteste Beleidigungen, die der Mann per E-Mail an das Kanzler-Büro von Kurz geschickt hatte, und überdies auch etwa an den damaligen Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Vorarlbergs Landeshauptmann, Markus Wallner. Das Schreiben war demnach eineinhalb Seiten (wohl gerechnet im Format DIN A4) lang und habe laut VN „insgesamt 15 unflätigste Schimpfwörter" im Rahmen einer „Orgie von Beleidigungen" enthalten.

Als Motiv führte der Bregenzer allerhand Wirres ins Feld. Die Sache habe mit einer ungünstigen medizinischen Diagnose begonnen, namentlich Verdacht auf Darmkrebs. Aber dann habe man ihn „aus dem Spital geschmissen", und zwar auf „politische Weisung" hin. Das gleiche sei ihm später in einem anderen Spital widerfahren.

„Dank Kurz leide ich an einer schweren Krankheit"

Als einmal dann doch eine Operation anstand und es auch einen Termin gab, sei das unnötigerweise verschoben worden. Schuld sei Sebastian Kurz: „Dank Kurz leide ich an einer schweren Krankheit", sagte der Beschuldigte laut VN. Dabei habe er „Schmerzen wie die Sau".

Die „Schuld" des damaligen Kanzlers ortet der Mann in den Maßnahmen der Regierung gegen die Pandemie - darunter besagtes Verschieben von nicht dringend nötigen Operationen. Dabei seien „die Hütten" - damit meinte er die Spitäler - in Wahrheit leergestanden.

Auf einer Internet-Plattform zur öffentlichen Bewertung von Krankenhäusern findet sich in der Tat ein Eintrag, der von dem Mann stammen dürfte: Er bezieht sich darin auf das LKH Bregenz, wo er angeblich im April 2020 wegen Darmkrebs hätte operiert werden sollen. Das sei „unter fadenscheinigen Ausreden verschoben" worden; die Politik habe angeordnet, dass wegen Corona „absurd hohe Kapazitäten im LKH freigehalten werden müssen"; „Normal-Kranken" habe man „die Behandlung verweigert", sie hätten „getrost verrecken" dürfen.

Wortspiele mit Nazi-Bezug

Im restlichen Eintrag folgen wilde Beschimpfungen und Wortspiele mit Anleihen aus der NS-Zeit bzw. von Namen führender Personen dieser Ära. Selbst im Prozess spielte der Beschuldigte auf diese Zeit und ihre Proponenten an und zog Parallelen zu Sebastian Kurz.

Letzterer hatte über einen Vorarlberger Rechtsanwalt Unterlassungsklage sowie Klage wegen Beleidigung (§ 115 StGB) eingebracht. Letztere war möglich, weil als rechtlich relevante Beleidigung bzw. Ehrenbeleidigung  Beschimpfungen, Verspottungen und Gewaltandrohungen gelten, die öffentlich oder vor mehreren Leuten getätigt werden. Da der Mann sein Schimpfmail an mehrere Empfänger versendet hatte, war letztere Bedingung erfüllt. Ihm drohten eine Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen.

Letztlich verhängte der Richter eine Geldstrafe von 150 Tagsätzen zu je vier Euro, also gesamt 600 Euro. Sie war vorerst, wie erwähnt, noch nicht rechtskräftig.

>> Der Bericht in den „Vorarlberger Nachrichten"

(wg)

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