Lokalkritik

Testessen im Zazatam

Zazatam
ZazatamChristine Pichler
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Ein neuer Hotspot für Wien: im Stuwerviertel im Keller. Und das mit fröhlichen Menschen und wirklich guter Küche.

Nichts offenbart die Identität einer Provinzstadt mehr als Vergleiche mit anderen Städten. Wenn da etwa Wien an manchen Ecken wie Berlin ist oder auf den paar Quadratmetern des Serviten­viertels Paris ähnelt, wissen wir: Es handelt sich um einen städtischen Komplex. Aber es geht eben auch ganz anders. Da streift man durch die Bronx von Wien – schon wieder so ein Vergleich – und steht irgendwann vor einem Palais im Stuwerviertel. Laut Schild handelt es sich um das „Zola – Palais de Boheme“, also ein kleines Boutique-Hotel, das da auf die Wohn­blöcke mäßigend wirkt. Einst, also in der Monarchie, war hier ein Offizierskasino untergebracht. Bei einem Seitentor verrät nur eine Kerze den Restauranteingang, der in den Keller führt, oder: ins Souterrain, wie wir Döblinger gern sagen.

Zazatam
Zazatam Christine Pichler

Die breite Treppe führt in das dunkle, mit guter Mucke beschallte Restaurant, das dank viel bunter Kunst und Fauna-Flora-Malereien nicht nur stilecht, sondern ­sonderbarerweise gemütlich wirkt. Die jungen Menschen, die einen in Empfang ­nehmen und durch den Abend/durch die Nacht bringen, wirken, als sei Instagram real geworden: Hier wird gelächelt und gepost, das alles wirkt aber wunderbar unschuldig. Vielleicht tafeln hier deswegen abendlich weibliche Runden so gern. Aber wir sind schließlich zum Essen hier und dürfen gleich mit dem besten Gang aus der Küche von Felix Müller beginnen, der trotz erheblicher Jugendlichkeit schon in der genialen Villa Joya an der Algarve und im guten alten, bald neuen Hospiz am Arlberg kochte: Das Stubenküken ist im Ganzen mit Dattelzeug mariniert, glaciert und gegrillt worden, schmeckt daher leicht rauchig und aromatisiert und macht ein bisschen süchtig. Pasta zu bestellen birgt die Gefahr, in nobler Fadesse zu entschlafen, hier ist sie überschaubar: einmal Mafalde mit einem intensiv würzigen Ragout von der Ochsenschleppwurst, einmal Strozzapreti mit fruchtiger Tomaten-Begleitung und einer wuchtigen Burrata.

Zazatam
Zazatam Christine Pichler

Der Seeteufel am Knochen wird mit Miesmuscheln und einem Hauch Safran serviert. Sehr auf der Lauchseite landet das gute, scharf angebratene X. O. Beef, das man mit gespalteten Radieschen in die Buns schaufelt und die beste Vorspeise hat. Wobei die in Popcorn-Masse gehüllten und gebackenen Garnelen auch geschmacklich einiges können. Wirklich lustig und empfehlenswert sind auch die Cocktails, dazu in Kürze mehr in diesem Print-Digital-Kino. Der neue Streich von Vielstandort-Gastronom Gabriel Alaev ist den Umweg über die Leopoldstadt auf jeden Fall wert. Das Zazatam weckt nicht nur Instagram zum Leben, sondern das gesamte Grätzl. Das wirkt plötzlich wie dieses eine Viertel in dieser einen Stadt am Hudson . . .

Info

Zazatam, Hillerstraße 11, 1020 Wien,

Tel.: +43/(0)670/602 29 97,

Restaurant: Do–Sa: 17–2 Uhr.


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