Wort der Woche

Klimawandelskeptiker und -leugner sind keine homogene Gruppe

Die Gruppe der Klimawandelskeptiker und -leugner ist sehr heterogen, und ihre Argumente folgen einer klaren Konjunktur, haben Forscher nun nachgewiesen.

Man kann durchaus geteilter Meinung sein, ob die UN-Klimakonferenz in Glasgow (COP 26) ein Erfolg oder ein Misserfolg war. Eines hat sich jedenfalls klar gezeigt: Auf dem weltpolitischen Parkett zweifelt niemand mehr offen daran, dass wir Menschen für die globale Erwärmung (mit)verantwortlich sind und etwas dagegen tun müssen.

Das wird freilich nicht von allen so gesehen. Vor allem in rechten Kreisen, etwa in konservativen Thinktanks und Social-Media-Kanälen, tummeln sich weiterhin viele Klimawandelskeptiker oder -leugner („contrarians“). Dabei handelt es sich um keine einheitliche Gruppe, vielmehr gibt es viele Abstufungen – vom Leugnen des Klimawandels bis hin zum Verteufeln von Klimaschutzmaßnahmen.

Einen systematischen Versuch, eine Struktur in dieses breite Meinungsspektrum zu bringen, haben nun Forscher um Travis Coan (University of Exeter) unternommen. Sie haben dazu mehr als 255.000 Dokumente von einschlägigen Thinktanks und Blogs aus den Jahren 1998 bis 2020 (v. a. aus den USA) mithilfe von Maschinenlern-Algorithmen analysiert und die Argumente klassifiziert.

Herausgearbeitet wurden 49 konkrete Kritikpunkte am herrschenden Klimawandel-Mainstream, die zu fünf Hauptkategorien zusammengefasst werden können. Die da sind: Der Klimawandel findet nicht statt; menschengemachte Treibhausgase sind nicht für die globale Erwärmung verantwortlich; die Auswirkungen des Klimawandels sind nicht schlecht; Klima-Lösungen funktionieren nicht; und Klimaforschung ist unzuverlässig. Wobei die letzteren beiden Kategorien bei den „contrarians“ dominieren (Scientific Reports, 16. 11.).

Der Clou an der datenbasierten Methode ist, dass quantitativ nachgewiesen werden kann, wie sich die Argumente mit der Zeit verändert haben: Während es zur Millenniumswende häufig hieß, dass der Klimawandel nicht schlecht sei, und die Klimaforschung als solche kritisiert wurde, gab es 2009 (als Barack Obama US-Präsident wurde) einen Umschwung der Meinungskonjunktur: Seither trommeln die „contrarians“ v. a., dass Klimaschutz nicht funktioniere und sogar schädlich sei; zudem werden Klimaforscher persönlich angegriffen – unterstellt werden ihnen Alarmismus, Manipulation und Verschwörungen. Die grundsätzliche Leugnung des Klimawandels und der Rolle des Menschen ist demgegenüber weniger stark ausgeprägt und blieb in den vergangenen 20 Jahren stabil auf niedrigerem Niveau.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com

www.diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2021)

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