Neu gewählte schwedische Regierungschefin Andersson tritt zurück

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Am Mittwoch wurde die 54-Jährige als erste Frau an die Regierungsspitze gewählt - nur Stunden später kündigte sie ihren Rücktritt an. Der Grund: Ihr Koalitionspartner, die Grünen, hat die Regierung verlassen.

Nur Stunden nach ihrer Ernennung hat die neu gewählte schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson am Mittwoch ihren Rücktritt angekündigt. Zuvor hatte ihr Koalitionspartner, die Grünen, aufgrund eines Streits um den Haushalt die Regierung verlassen hatte.

"Ich habe dem Sprecher mitgeteilt, dass ich von meinem Amt als Ministerpräsidentin zurücktreten möchte", sagte Andersson auf einer Pressekonferenz vor Journalisten. Sie sei jedoch bereit, es noch einmal als Vorsitzende einer Einparteienregierung zu versuchen.

Die Sozialdemokratin Magdalena Andersson war nur Stunden zuvor am Mittwoch zur ersten Frau an der Regierungsspitze Schwedens gewählt worden.

Die Wahl der 54-Jährigen erfolgte, nachdem der langjährige Ministerpräsident, Anderssons Parteikollege Stefan Löfven, im August seinen Rückzug angekündigt hatte. Anfang Oktober wählte ein Parteitag der Sozialdemokraten seine bisherige Finanzministerin bereits zur Nachfolgerin für den Parteivorsitz.

Schlagkräftig und selbstbewusst

Die Sozialdemokratin gilt als schlagkräftig und selbstbewusst. Anderssons direkte Art führe in Schweden bisweilen durchaus zu Irritationen, sagen Beobachter. "Einige Leute haben sogar gesagt, dass sie Angst vor ihr haben", berichtet Anders Lindberg, Leiter des Politikressorts der Tageszeitung "Aftonbladet".

Mit Zustimmung des Parlaments beerbte die ehemalige Spitzenschwimmerin Löfven an der Regierungsspitze. Doch erfolgte die Wahl im Parlament am Mittwoch äußerst knapp: 117 Abgeordnete stimmten für die Sozialdemokratin, 57 enthielten sich und 174 stimmten gegen sie. Um Ministerpräsidentin zu werden, durfte Andersson nicht von der absoluten Mehrheit im Parlament abgelehnt werden - dies wären 175 Stimmen gewesen.

„Eine Art wie Angela Merkel“ 

Dass sie die nötige Unterstützung noch erhalten würde, war indes allgemein erwartet worden. "Sie hat eine Art zu argumentieren, die ein wenig an (die scheidende deutsche Kanzlerin) Angela Merkel erinnert: Es ist nicht immer ganz klar, was sie meint, aber sie gewinnt am Ende, weil niemand sonst eine Antwort weiß und weil sie alle Details beherrscht", sagt Lindberg.

So gelang die Wahl letztlich durch einen Deal mit der Linkspartei: Im Gegenzug für eine Pensionserhöhung hatte die Partei zugesagt, Anderssons Wahl im Parlament zu unterstützen.

Noch vor ihrer Wahl hatte die Zentrumspartei jedoch wegen der Zugeständnisse an die Linkspartei angekündigt, zwar nicht ihre Wahl zur Regierungschefin zu verhindern, aber der Regierung die Unterstützung für die Budgetpläne zu entziehen. Das ist der Hintergrund für Anderssens raschen Rücktritt.

Generell näherten sich die Sozialdemokraten in Umfragen zuletzt ihren niedrigsten Zustimmungswerten in der Geschichte. Auf der anderen Seite haben die Konservativen ihre klare Abgrenzung von der Rechtsaußenpartei der Schwedendemokraten aufgegeben und wären bereit, gemeinsam mit diesen zu regieren.

Mit neuer Führung in den Wahlkampf

Beobachter sehen in dieser Lage auch den Grund für Löfvens Entscheidung, sein Amt als Ministerpräsident weniger als ein Jahr vor der Parlamentswahl aufzugeben.

Andersson gilt als enge Vertraute des scheidenden Regierungschefs und hat doch einen gänzlich anderen Hintergrund als der ehemalige Metall-Gewerkschafter Löfven. "Sie präsentiert sich heute gerne als brave kleine Soldatin, die früher bei Parteiversammlungen die Kaffeepausen organisierte und Butterbrote schmierte", sagt Jonas Hinnfors, Politikwissenschaftler an der Universität Göteborg. "Aber sie kommt aus einer intellektuellen Elite."

Die Tochter eines Professors und einer Lehrerin aus Uppsala stellte ihren Ehrgeiz zunächst im Schwimmbecken unter Beweis und wurde schwedische Jugendmeisterin. Mit 16 trat sie den Sozialdemokraten bei. Während ihres Studiums an der elitären Handelshochschule Stockholm engagierte sie sich in der Partei-Jugendorganisation. 1996 wurde sie Mitarbeiterin des damaligen Ministerpräsidenten Göran Persson.

Seitdem wechselte die mit einem Professor verheiratete Mutter zweier Kinder zwischen Parteiämtern und hohen Beamtenposten. "Sie kommt aus dem Inneren des Systems", sagt der Journalist Lindberg. Zu Beginn sei sie zunächst dem linken Flügel der Partei zuzurechnen gewesen, sagt der Politologe Hinnfors. Den "pragmatischen" Kurswechsel der Sozialdemokraten hin zur politischen Mitte habe sie aber gänzlich mitgetragen.

(APA/AFP)

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