Literatur

Auch das Böse geht zugrunde

„Die Stadt der Äpfel“:Luljeta Lleshanaku trotzt mit ihren Gedichten der Zeit.

In ihrem Zyklus „Urbi et orbi“, den Luljeta Lleshanaku während des ersten Corona-Lockdowns in Tirana geschrieben hat, ist zu lesen: „Gestern ist jetzt sehr weit weg; / und morgen noch nirgendwo am Horizont.“ Es ist der jüngste Beitrag in dem Band „Die Stadt der Äpfel“, der einen Querschnitt durch das bisherige Schaffen der albanischen Dichterin abbildet. Zusammengestellt und ins Deutsche übertragen hat ihn die Autorin Andrea Grill; im Nachwort berichtet sie, dass Lleshanaku im Frühjahr 2020 mit ihrer Mutter in Tirana festsaß, während Tochter, Enkelin und Ehemann weit weg in New York waren.

Kleine, oft melancholische Szenen sind es – die zurückgelassenen Flaschen eines Obdachlosen, ein Nachthemd, das zerknittert über dem Balkon hängt, die Mutter, die sich sorgfältig wäscht und kämmt –, die hier in Zusammenhang mit einer globalen Krise stehen. Beim Lesen fühlt es sich an wie ein langsamer Wechsel zwischen Nahaufnahme und Vogelperspektive. Am Ende von „Urbi et Orbi“ heißt es: „Wir werden vergessen; das Vergessen ist unser einziger Talisman.“

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