In Gerhard Karners Heimatgemeinde ist ein Museum Dollfuß gewidmet – das sei mehr Pilgerstätte denn Museum, sagen Kritiker.
Wien/Texingtal. Noch bevor Gerhard Karner als neuer Innenminister angelobt wurde, gibt es bereits erste Kritik an ihm. Anlass ist seine Tätigkeit in der Kommunalpolitik: Karner ist seit 2015 Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Texingtal im Bezirk Melk in Niederösterreich. Aus Texingtal kam auch der frühere Bundeskanzler Engelbert Dollfuß, der 1933 das Parlament ausschaltete und in Österreich eine als „Ständestaat“ bezeichnete faschistische Diktatur errichtete. In seine Amtszeit fallen auch die Kämpfe im Februar 1934, als Heimwehr, Polizei und Armee gewaltsam gegen die paramilitärische Organisation der Sozialisten, den Schutzbund, vorgingen und Gemeindebauten wie den Karl-Marx-Hof in Wien beschossen. Zahlreiche Schutzbündler wurden standrechtlich hingerichtet. Im Juli 1934 fiel Dollfuß selbst einem Putschversuch der Nationalsozialisten zum Opfer.
Im Jahr 1998 hat die Gemeinde Texingtal ihrem früheren Gemeindebürger ein Museum errichtet. Es ist im Geburtshaus von Dollfuß untergebracht, finanziert wurde es von Gemeinde, Land Niederösterreich und Unterrichtsministerium. Eine Einordnung der Persönlichkeit im historischen Kontext, wie dies für ein Museumskonzept notwendig wäre, fehle hier, monieren Kritiker. In den Ausstellungsräumen befinden sich Erinnerungsstücke aus seinem Leben. Eine Steintafel auf dem Haus lasse erst recht kritische Distanz vermissen, berichten Besucher: „Gewidmet dem großen Bundeskanzler und Erneuerer Österreichs“, heißt es dort.