Das Historienabenteuer „The King's Man – The Beginning“ walzt den Mythos der „Kingsman“-Agentenfilmreihe weiter aus – und vergisst vor lauter britannischem Aristokratenpathos auf ansprechende Unterhaltung.
Das güldene Signet des „Kingsman“-Geheimbunds rahmt stolz die pralle Wüstensonne über einem Wagentross, der sich 1902, während des Zweiten Burenkriegs, durch Südafrika schiebt. Sein Ziel: ein Internierungslager, das General Kitchener für die „Konzentration“ holländischer Buren vorgesehen hat. Orlando, der Duke of Oxford (Ralph Fiennes), ist bei seiner Ankunft pikiert über die Zustände, als Ex-Militär und Rotkreuzler. Er stellt Kitchener zur Rede. Dieser verteidigt sich mit Sachzwängen. Orlando wehrt ab. Was wird seine Frau Emily, die er mitgenommen hat, von solchen Unschicklichkeiten halten? Burenkriege, schön und gut, da muss man durch. Aber „concentration camps“? Das ist doch „a bit much“, wie es in Albion heißt.
So zeigt sich: Auch die „Kingsman“-Agentenfilmreihe, die sich seit 2014 anschickt, James Bond zu beerben, kommt nicht ganz ohne Tribut an die Kolonialismuskritik der Gegenwart aus – zumal sie inzwischen dem imagebewussten Disney-Konzern unterstellt ist. Und „Kingsman“-Dirigent Matthew Vaughn war schon immer der sanftmütigere der beiden hochwohlgeborenen Blockbuster-Drechsler der britischen Krone. Wo sein Freund Guy Ritchie („The Gentlemen“) mit stoischer Miene gelackte Gangsterfilme inszeniert, als wären sie moderne Mythen über harte und gerechte Edelmänner, greift Vaughn auch mal zum Taschentuch, wenn es um Ehre und Treue geht. Und wo ersterer gerne gegen politische Korrektheit stichelt, ist letzterer eher zu Zeitgeist-Konzessionen bereit.