Leitartikel

Wenn schillernde Politiker ihren Glanz verlieren

FILE PHOTO: Britain's PM Boris Johnson visits Octopus Energy, in London
FILE PHOTO: Britain's PM Boris Johnson visits Octopus Energy, in LondonREUTERS
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Boris Johnson ist das jüngste Beispiel eines Politikertypus, der in Wahlkämpfen locker reüssiert, in der Regierungsverantwortung aber scheitert.

Mattes Eisen, das verchromt wird, bleibt innen mattes Eisen. Und selbst wenn sich an der Oberfläche die Stimmung mancher Bewunderer noch immer spiegelt, bleibt es innen wenig faszinierend. In ähnlicher Weise hat sich europaweit eine Politik etabliert, der es mehr um das Verkaufen als um den Inhalt geht. Getragen von schillernden Führungspersönlichkeiten, die kurzzeitig zum Sinnbild einer Bewegung werden, doch letztlich scheitern. Sie stürzen über ihr mangelndes Verantwortungsgefühl und die von ihnen selbst hochstilisierten Erwartungen.

Boris Johnson ist das jüngste Beispiel dieses Typus, der durch ein originelles äußeres Erscheinungsbild und die Fähigkeit, Stimmungen der Bevölkerungen zu spiegeln, mit scheinbarer Leichtigkeit Wahlen gewann. Hemdsärmelig produzierte Johnson Erwartungen, dass seine unkonventionelle Art die richtige sei, um dem Land durch den EU-Austritt neues Selbstbewusstsein zu verleihen, und sein Team stark genug sei, gegen Interessen von 27 ehemaligen Partnerländern und die Ausbreitung einer verheerenden Pandemie gleichzeitig zu kämpfen. Seine Wähler haben ihm so manche Lügen verziehen, weil er nicht vergaß, weiterhin ihre Stimmungen zu bedienen. Manche verziehen ihm sogar noch die miserable Vorbereitung auf den Brexit, die jetzt zu Lieferengpässen und wirtschaftlichen Verwerfungen führt. Doch was sie ihm nun nicht mehr durchgehen lassen, ist seine Doppelmoral: Nämlich jene notwendigen harten Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Seuche, die seine Regierung verordnet hat, selbst zu befolgen. Johnsons Party-Teilnahmen in Lockdown-Zeiten belegen Abgehobenheit, Arroganz und entlarven seine Bindung an die Wähler als Täuschung.

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