Für den Serben wurden die Tage von Melbourne zum PR-Desaster, weitere sportliche Folgen lassen sich noch gar nicht abschätzen.
Am frühen Sonntagabend hatte die australische Regierung vor dem Bundesgericht in Melbourne ihren Matchball verwertet. Novak Djoković, der ungeimpfte Tennisstar, wurde wenige Stunden vor Beginn der Australian Open, an denen der Serbe mit einer Ausnahmegenehmigung teilnehmen wollte, des Landes verwiesen. Nach einem von beiden Seiten hart geführten Match auf niedrigem Niveau gab es für Djoković, dem auf dem Tennisplatz schon so viele schier unglaubliche Comebacks gelungen waren, kein Zurück mehr.
Für den 34-Jährigen ist nach diesem gerichtlichen Schlagabtausch nun das Worst-Case-Szenario eingetreten: Er verlässt Down Under mit einem nie mehr zu korrigierenden Imageverlust und ohne Trophäe. Die skurril-peinliche Einreiseposse würde genügend Stoff für ein Hollywood-Drehbuch liefern. Und Novak Djoković brilliert dabei, wieder einmal, in seiner Paraderolle als Bösewicht.
Neben seinen makellos auftretenden Dauerrivalen Roger Federer und Rafael Nadal – mit ihnen teilt sich der Mann aus Belgrad den Rekord von 20 Grand-Slam-Titeln – spielt Djoković seit jeher den aufmüpfigen Schurken. Gewiss wollten ihn Medien wohl auch als solchen inszenieren, weil drei Superhelden doch einer zu viel wäre. Der 34-Jährige trug freilich selbst am meisten zu seiner Außendarstellung bei.
Schon über viele Jahre begleiteten ihn die Vorwürfe der Konkurrenz, „medical timeouts“, also Behandlungspausen während eines Matches, bewusst taktisch einzusetzen, um so Gegner zu stören. Bei den US Open 2020 traf er eine Linienrichterin mit einem weggeschlagenen Ball am Hals. Ein unglücklicher Zufall, aber Disqualifikation und weltweite Schlagzeilen waren ihm gewiss. Für die sorgen auch seine überbordend emotionalen Ausbrüche auf dem Platz und das Fluchen in Richtung seiner Betreuer. Dabei müssten solche Szenen allein dem Image nicht nachhaltig schaden.
John McEnroes Diskussionen mit dem Stuhlschiedsrichter samt seinen Wutausbrüchen waren einst legendär und Markenzeichen des US-Amerikaners. Den Sympathiewerten McEnroes hat all das nicht geschadet, im Gegenteil.
Während der Coronapandemie hat sich Djoković endgültig zur Bestbesetzung des Bösewichts aufgeschwungen. Im Frühjahr 2020 erregte der Branchenprimus weltweit Unmut, als er bei der von ihm initiierten Adria-Tour auf dem Balkan vor Tausenden Fans sämtliche Abstandsregeln missachtete. Djoković und einige andere Spieler infizierten sich mit dem Coronavirus, Reue zeigte der Impfgegner auch Monate später keine: „Wenn ich die Gelegenheit hätte, die Adria-Tour noch einmal zu machen, würde ich es wieder tun.“