Song der Woche

"Lagoon": Betört und betörend im Meer

Wassermann Music
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„Beauty is in the unexpected“, sagt sie: Dora Jar, New Yorkerin in Kalifornien, macht anmutig versponnene Musik. Bald erscheint ihre EP „Comfortably In Pain“.

Dora Jar: „Lagoon“. Wie es der kleinen Meerjungfrau geht, das wissen wir aus Hans Christian Andersens Märchen: Sie hätte so gern Beine statt des Schwanzes. Noch komplizierter scheint die Lage bei dem offenbar ebenfalls maritimen Wesen, das in diesem Song in der Ich-Form spricht. Sie hat nicht einmal ein Rückgrat, und ihr Herz, so singt sie, sei ein Krustentier, sie ruft: „Could you come and crack it up?“

Später wird sie menschenähnlicher: „My mouth is like an open wound, and words are bleeding out.“ Was für seltsame anatomische Bilder der Verletzlichkeit, die Dora Jar hier in einer so attraktiven wie wunderlichen Klangwelt vorführt, umgeben von Sirenen.

Ihre Liebe selbst sei eine Lagune, singt sie, „too deep to be known by you“. Doch das klingt nicht abweisend, sondern verzückt, so betört wie betörend. Kann sie sich schließlich in einen Luftgeist verwandeln? Das bleibt offen, der letzte, lang anhaltende Akkord spricht dafür.

Auf einen Blick

Den Song der Woche küren allwöchentlich Thomas Kramar („Die Presse“) und Christoph Sepin (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoche und fm4.ORF.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2022)

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