Kirche

Missbrauchsvorwürfe gegen jeden siebten Diözesanpriester in Neuseeland

Ein von der katholischen Kirche in Auftrag gegebener Untersuchungsbericht listet 1680 Anzeigen gegen Priester, Ordensleute oder katholische Laien seit 1950 auf.

Gegen 14 Prozent der Diözesanpriester in Neuseeland gibt es Beschuldigungen wegen sexuellen oder anderen Formen des Missbrauchs. Das ist das Ergebnis einer kircheninternen Untersuchung, aus der die Zeitung "New Zealand Herald" laut Kathpress am Dienstag zitierte. Der Erzbischof von Wellington, Kardinal John Dew, bezeichnete den Befund als "schrecklich". Opfervertreter gehen von noch höheren Zahlen aus. Sie verlangten als Reaktion nun konkretes Handeln der Kirchenleitung.

In einer zweijährigen Untersuchung erhielt die Kirche laut eigenen Angaben 1680 Anzeigen von 1122 Personen gegen katholische Geistliche, Ordensleute und Laien für den Zeitraum von 1950 bis heute. Davon seien 592 namentlich genannt. Die Hälfte der Vorwürfe beziehen sich laut dem britischen "Guardian" auf sexuellen Missbrauch von Kindern, die anderen betreffen körperliche Gewalt, emotionalen oder psychologischen Missbrauch, Vernachlässigung, Beihilfe zum Missbrauch oder auch verabsäumte Reaktion auf Berichte. Bei insgesamt 80 Prozent der Anzeigen waren die Opfer Kinder.

Tatort Schule, Heim, Pfarre

Ort des Missbrauchs waren laut Bericht vor allem Schulen und Heime, teils jedoch auch Pfarren. Gegen sechs mutmaßliche Täter seien 15 oder mehr Beschwerden eingereicht worden, geht aus der Untersuchung hervor. Zum Kreis der mutmaßlichen Täter gehören demnach 14 Prozent aller katholischen Diözesanpriester des Untersuchungszeitraums, sowie acht Prozent aller männlichen und drei Prozent aller weiblichen Ordensmitglieder. Die meisten der gemeldeten Misshandlungen fanden in den 1960er und 1970er Jahren statt, insgesamt drei Viertel vor 1990.

Kardinal Dew sagte, man sei "tief beschämt", aber entschlossen, "eine sicherere Kirche für alle aufzubauen". Er hoffe, dass die Fakten "uns helfen werden, der traurigen Realität ins Auge zu sehen". Die Kirche werde "daraus lernen". Die für die Untersuchung zuständige Gruppe Te Ropu Tautoko räumte ein, dass es sich nicht um eine vollständige Aufzeichnung von Missbrauch in der Kirche handeln könne. Es seien nur aufgezeichnete Berichte behandelt worden.

„Schrecklicher Schaden entstanden"

Die Präsidentin der nationalen Ordensoberinnenkonferenz Neuseeland, Schwester Margaret Anne Mills, erklärte, hinter den statistischen Zahlen stünden "die Leben vieler Menschen". Es sei "schrecklicher Schaden" entstanden, den Menschen anderen Menschen zugefügt hätten; "das dürfen wir nie vergessen". Nun gelte es, sich an der Heilung dieses Schadens so weit wie möglich zu beteiligen.

Die von der Kirche in Auftrag gegebene Untersuchung war infolge von Forschungen einer Königlichen Kommission entstanden, die den Missbrauch vor allem in staatlichen Einrichtungen Neuseelands, jedoch auch in angegliederten religiösen Heimen zwischen 1950 und 1999 untersucht hatte. Deren 2020 veröffentlichten Zwischenbericht zufolge dürften in dieser Zeit rund eine Viertelmillion Neuseeländer, die in staatlicher Obhut untergebracht waren, in irgendeiner Form missbraucht worden sein, darunter viele Kinder der Maori-Volksgruppe.

(APA)

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