Leitartikel

Die dicken Konten der Europäer taugen nicht als Inflationspolster

Wartet die EZB zu lang ab, wird der Weg aus der Preisspirale schmerzhafter als notwendig.
Wartet die EZB zu lang ab, wird der Weg aus der Preisspirale schmerzhafter als notwendig.imago images/imagebroker
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In der Pandemie haben Europäer eine Billion Euro extra gespart. Doch deshalb steigende Preise einfach auszusitzen, wie es die EZB tut, ist brandgefährlich.

Wer mit dem Gedanken spielt, eine Wohnung zu kaufen, sollte sich besser beeilen. Ab Mitte des Jahres müssen Banken bei Immobilienkrediten strenger werden, damit der Markt nicht überhitzt. Wer dann nicht ausreichend Eigenmittel mitbringt, läuft Gefahr, die historischen Nullzinsen zu verpassen. Europas Staaten haben diese Sorge nicht. Sie leben auch bei Inflationsraten jenseits der fünf Prozent weiter in der Gewissheit, dass die Notenbank die Geldschleusen offen hält. Und tatsächlich: Obwohl die Industriestaaten in der Pandemie so rasch neue Schulden aufgebaut haben wie selten zuvor und die Preise doppelt so schnell steigen, wie es die Europäische Zentralbank garantieren sollte, denken die Währungshüter nicht daran, die Ära des Gratisgeldes zu beenden. „Wenn wir zu stark reagieren, könnten wir das Wachstum abwürgen“, gab EZB-Ratsmitglied Olli Rehn jüngst zu Protokoll. Statt nervös auf hohe Inflationsraten heute zu schauen, sollte Europa lieber abwarten, wie es 2024 aussehen wird.

2024. Bis dahin vergehen aber immerhin noch zwei Jahre, in denen die rapide steigenden Preise für Lebensmittel, Benzin und Erdgas viele Menschen in Notlagen bringen werden. Die USA haben das Ruder längst herumgerissen, diskutiert wird nur noch, ob der Leitzins heuer drei oder vier Mal steigen muss. Zu tief sitzt hier die Erinnerung an die Folgen des Ölpreisschocks der 1970er-Jahre, als enorme Inflationsraten in schmerzhafte Rezessionen mündeten. Wer Parallelen zu heute sucht, wird rasch fündig: Damals löste ein Lieferstopp des Erdöl-Kartells Opec die Krise aus. Heute ist es der Konflikt mit dem russischen Gaslieferanten Wladimir Putin, der Europa unruhig schlafen lässt.

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