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Mount Everest - erste Klettersaison der neuen Ära

Sir Edmund Hillary und Tenzing Norgay standen am 29. Mai 1953 als Erste auf dem Mount Everest. Jahrzehnte später folgten Karawanen.
Sir Edmund Hillary und Tenzing Norgay standen am 29. Mai 1953 als Erste auf dem Mount Everest. Jahrzehnte später folgten Karawanen.Reuters
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Zwischen Leichen und Gastanks: Am höchsten Berg der Welt geht es 2022 wieder so richtig los.

Im Jahr 1852 erhob die Landvermessung einen 8848 Meter hohen nepalesischen Berg nahe Tibet zum höchsten der Welt – den Sagarmatha (auf Nepali), Qomolangma (auf Tibetisch) oder Mount Everest. 101 Jahre später bestiegen ihn endlich zwei Typen, Tenzing Norgay und Edmund Hillary. In ihren Herkunftsländern Nepal und Neuseeland lösten sie patriotische Irritation aus: Entsprechend ihrem Pakt verrieten sie nicht, wer nun als Erster seinen Schuh auf den höchsten Punkt gedrückt hatte. Seit damals, zunächst langsam und unmerklich, geht es mit dem Mount Everest bergab.

In den 27 Jahren nach der Erstbesteigung bestiegen ihn kaum hundert Menschen, ab diesem Moment versuchten ganze 10.000 den Weg vom letzten Basislager zum Gipfel – jeder Dritte erreichte ihn, über 200 Körper blieben dort oben chronisch eingeschneit. Auch viele vermeintlich Erfolgreiche kehrten nie zurück, etwa die erste Gipfeldeutsche, Hannelore Schmatz (1940–1979), deren sitzend an den Rucksack gelehnte Leiche 18 Jahre eine Wegmarke für Aufsteigende darstellte. Ihr Haar wehte im Wind, und Kletterer vermeinten zu erkennen, wie die Augen von Schmatz ihre Schritte verfolgten.

Im 21. Jahrhundert eskalierte der höchstgelegene Overtourism des Planeten. Jährlich 12.000 Kilogramm menschliche Exkremente bleiben am Berg, zu den Leichen kommen Sauerstofftanks, Gasflaschen, alte Zelte, persönlicher Müll. Seit 2017 verpflichtet die Regierung von Kathmandu jeden Bergsteiger zur Rückführung von acht Kilo Abfall. Im Schnitt legt jeder für den Aufstieg mit Sherpas 50.000 Dollar hin, ein Viertel mehr kostet es mit westlichen Bergführern, ein Privatbad im Lager verdoppelt den Preis.

Zehn der vierzehn Achttausender stehen in Nepal, der Staat erwirtschaftete einen erheblichen Anteil seines BIP mit Himalaya-Tourismus – bis zur Coronazäsur. 2022 warten alle auf April bis Ende Mai, die erste Klettersaison der neuen Ära. Die „Welt“ prophezeite arge Teuerungen  – die Durchschnittspreise für Touren zogen um knapp zehn Prozent an. Bald erfolgt der Startschuss für die Everestomania 2.0, für das neue Verdrecken und Krepieren!

("Die Presse Schaufenster" vom 11.02.2022)

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