Unglück

Frachter mit Tausenden Autos brennt im Atlantik

Die Felicity Ace fuhr von Deutschland Richtung USA. Ladung: fast 4000 Pkw des VW-Konzerns. Jetzt treibt sie vor den Azoren. Womöglich waren Batterien von E-Autos in Brand geraten. Das Schiff dürfte verloren sein.

Horta/Lissabon/Wolfsburg. Im Gebiet des portugiesischen Archipels der Azoren hat sich vor Tagen ein Schiffsunglück ereignet, dessen Ausmaß erst jetzt bekannt geworden ist: Demnach brach am Mittwoch auf dem japanischen Spezialschiff Felicity Ace, das fast 4000 Autos von Deutschland in die USA bringen sollte, Feuer aus. Da war es 170 Kilometer südwestlich der Insel Faial. Die Besatzung konnte den Brand nicht löschen, ging von Bord und wurde von einem griechischen Tanker gerettet.

Am Freitag trieb das Schiff unter starker Rauchentwicklung im Meer, es driftet gen Westen. Ein Schiff der portugiesischen Marine ist in der Nähe, niederländische Bergungsexperten trafen ein, um Wege auszuloten, wie und wohin man den Frachter schleppen und das Feuer löschen kann. In einem Azorenhafen geht das schon wegen der Größe des Schiffs nicht.

Die Brandbekämpfung wird ungewöhnlich schwer sein: Der Hafenkommandant von Horta auf Faial, Kapitän João Mendes Cabeças, sagte, dass unter anderem Akkus von Elektroautos brennen. Ob die Ursache des Feuers ein Lithium-Ionen-Akku gewesen sei oder eine andere Quelle, wisse man nicht; E-Auto-Batteriebrände seien jedenfalls nur mit Spezialgeräten und -methoden löschbar.

Schrecken der Feuerwehren

Davon wissen auch Feuerwehren (nicht nur) in Österreich ein Lied zu singen: Es benötigt enorm viel Wasser, mehr als bei normalen Autobränden und bisweilen mehr, als viele Löschwagen fassen. Auch können gelöschte E-Auto-Akkus noch Tage später wieder spontan entflammen, wenn man sich nicht um sie kümmert. Bisweilen hat man brennende E-Autos deswegen schon in Wassertanks getaucht.

Schleppschiffe aus Holland und Gibraltar sollen am Mittwoch eintreffen, so Cabeças. Ob die Felicity Ace dann noch zu retten ist, ist zweifelhaft: Sie brenne innen über die volle Länge und ab fünf Metern Höhe über dem Wasser aufwärts.

Das fast 200 Meter lange Schiff wurde 2005 in Japan gebaut, gehört der Reederei Mitsui O.S.K. und fährt unter der Flagge von Panama. Die Fracht wird einen Wert in Höhe von Hunderten Millionen Euro haben: Es handelt sich um Pkw der Volkswagen-Gruppe, und diese exportiert in der Regel eher keine Kleinwagen in die USA. Die Rede war von Autos der Marken VW (darunter das E-Modell Golf ID.4), Audi und Lamborghini; konkrete Zahlen gibt es zu Porsche (1100 Pkw allein dieser Marke) und der Luxuswagenfirma Bentley (189).

Ein Kunde postete auf Twitter ein Bild seines Porsche Boxter Spyder, der auf dem Schiff ist: In den USA beginnen die Preise dafür bei rund 99.000 Dollar (ca. 87.000 Euro). Die Käufer werden ihre Wagen schon noch bekommen; sollte das Schiff sinken, muss der VW-Konzern eben neue bauen.

Es ist übrigens nicht das erste solche Unglück für Volkswagen: Beim Untergang des Frachters Grande America in der Biskaya im März 2019 (auch er hatte zuvor gebrannt) sanken mehr als 2000 Autos meist der Oberklasse mit auf den Meeresgrund. (ag./wg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2022)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.