Autoindustrie

Die Chinesen sind da

Damals noch englisch, und wie: Ein MG B auf der Österreichischen Alpenfahrt, 1966.
Damals noch englisch, und wie: Ein MG B auf der Österreichischen Alpenfahrt, 1966.McKlein
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Mit MG hat sich eine chinesische Automarke mit klangvoll-historischem Namen bereits Zugang zum europäischen Markt verschafft. Das Elektroauto hilft dabei.

Seit gut einem Jahrzehnt lebt das Szenario eines chinesischen Vormarsches nach Europa einstweilen friedlich, in Form von Autos. Von den Kopierwerkstätten früherer Jahre sind die Hersteller des Landes längst weg, dabei ist auch fleißig geholfen worden: Wer in China ein Auto aus dem Ausland verkaufen will, muss den Behörden Bau- und Konstruktionspläne bis ins kleinste Detail offenlegen. Auto-China befindet sich momentan in der Phase, den Heimmarkt zu erobern, und das erfolgreich: Ein Eldorado ist das Reich für ausländische Hersteller längst nicht mehr.

Das Exportbusiness ist derweil weniger bedeutend, freilich haben die finanziell gut gesattelten Konzerne den europäischen Markt dennoch im Visier: Wer dort reüssieren kann, kann dies auf der ganzen Welt, so das Credo.

Fertiger für VW und GM. Über das notwendige Cash eine neue Marke auszurollen verfügt etwa SAIC Motor locker. Die staatlich kontrollierte Gruppe fertigt für die Kooperationspartner VW und GM Millionen Autos jedes Jahr. Da kann man sich schon auf Eroberungsfeldzug begeben.

Durch eine Übernahme ist SAIC vor wenigen Jahren die Marke MG zugefallen, die freilich nur noch in dem Namen nach besteht. Mögen viele den historischen Vorläufer („Morris Garage“) auch nicht wirklich kennen, MG klingt unchinesischer als Wuling oder Dongfeng. In Großbritannien verkaufte MG (mit mehr Modellen) im Vorjahr über 30.000 Neuwagen, im Rest von Europa waren es knapp 22.000.

Ein noch überschaubares Volumen, andererseits ist die Neomarke in Österreich an doch etablierten Anbietern wie Subaru und Alfa Romeo kalt lächelnd vorbeigezogen und zeigt mit den Jännerzahlen, dass dies Schicksal als Nächstes Jaguar und Honda blüht.

Eine Umfrage der deutschen „Wirtschaftswoche“ im Vorjahr ergab in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen eine Kaufbereitschaft für ein chinesisches Auto von 27 Prozent. Und dabei reden wir von Elektroautos, mit denen Auto-China einige Vorteile ausspielen kann – vor allem den Preis.

Private Käufer. MGs Bestseller ist ein kompaktes Elektro-SUV namens ZS, das in Österreich bei 35.390 Euro loslegt – abzüglich der Förderung kommt es somit auf unter 30.000 Euro, ein zumindest für die Größe bislang konkurrenzloses Angebot. Skepsis bezüglich der Qualität sucht MG mit einer Sieben-Jahres-Garantie (oder 150.000 km), auch rar in der Branche, zu zerstreuen. Wo ein Auto gebaut wird, hat für viele Käufer zudem keine Relevanz – und ist es nicht so, mag sich mancher fragen, dass auch das teure iPhone und die edle Schweizer Thermoskanne in China gefertigt werden?

Interessant an dem Erfolg von MGs Elektroautos in Österreich ist der hohe Anteil an Privatkäufern – nämlich zwei Drittel. Denn BEV-Zulassungen entfallen bei uns im Schnitt zu 85 Prozent auf gewerbliche Halter.

Aber das dürfte sich noch verschieben: Demnächst entert mit dem MG5 ein Kombimodell den Markt – eine Industriepremiere. Ausgerechnet in Europa, der verschworenen Kombihochburg der Welt, sind es Chinesen, die das erste Elektroauto in der Karosserieform anbieten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2022)

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