Sanktionen

EU friert Vermögen von Putin und Lawrow ein

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Die Union nimmt die Spitzen des Kreml aufs Korn. Zudem dürfen Russen nun nicht mehr als 100.000 Euro in die EU überweisen und keine Wertpapiere kaufen. Beim Thema Swift-Ausschluss hat Österreich seine Meinung geändert.

Der EU-Sondergipfel der 27 Staats- und Regierungschefs zum russischen Angriff auf die Ukraine hat in der Nacht auf Freitag zu einem symbolträchtigen neuen Paket an Sanktionen geführt. Unter anderem frieren die Europäer nun jegliches in der EU befindliche Vermögen von Präsident Wladimir Putin und seinem Außenminister, Sergej Lawrow, ein. Auch müssen sämtliche Inhaber von russischen Dienst- und Diplomatenpässen fortan um ein Visum ansuchen, wenn sie in die Union einreisen wollen. Das bedeutet, dass von Putin abwärts der gesamte Kreml bis auf Weiteres nicht in die EU einreisen kann. Die „Financial Times“ hatte dies am Freitag als Erste vermeldet, ein hochrangiger EU-Funktionär bestätigte es der „Presse“: „Ja, das ist soeben im Coreper beschlossen worden.“ (Coreper ist die Abkürzung für den Ausschuss der 27 EU-Botschafter.)

Noch vor wenigen Tagen wäre diese Maßnahme für die EU undenkbar gewesen. Stets hieß es, man müsse Gesprächskanäle offenhalten. Vor allem Lawrow gilt in Brüssel wie in vielen europäischen Staatskanzleien als besonnener diplomatischer Profi, auf den man einwirken könne, um Putin von seinen Kriegsplänen abzubringen. Der russische Überfall auf die Ukraine hat diese Einschätzung als falsch offenbart. Lawrow erklärte, es gehe Russland darum, die Ukrainer zu „befreien“.

„Putin benimmt sich wie die Nazis“

Entsprechend hat sich der Ton in Brüssel verschärft. „Er behauptet, die Ukraine denazifizieren zu wollen“, sagte ein Sprecher der Europäischen Kommission am Freitag mit Bezug auf Putin. „Aber er benimmt sich wie die Nazis.“ Das zweite EU-Sanktionspaket binnen einer Woche umfasst vor allem breite Maßnahmen, die es reichen Russen verunmöglichen sollen, ihr Vermögen in der EU zu parken. So wird es fortan russischen Staatsbürgern verboten, mehr als 100.000 Euro in die EU zu überweisen. Sie dürfen auch keine europäischen Wertpapiere mehr kaufen. „Wir wollen nicht normale Russen ins Visier nehmen, sondern jene, die beträchtliche Vermögen haben“, erklärte ein Kommissionsbeamter.

Generell wird es zudem europäischen Banken weitgehend untersagt, Geschäftsbeziehungen mit russischen Geldinstituten zu unterhalten. Europäische Unternehmen dürfen keine Ersatzteile oder Reparaturleistungen für die russische Luftfahrt- und Weltraumindustrie mehr erfüllen oder finanzieren. Anders als im Vereinigten Königreich steht ein Landeverbot für die russische staatliche Fluglinie Aeroflot in der EU derzeit nicht zur Debatte. Jedoch dürfte der Umstand, dass Aeroflot-Maschinen nicht mehr auf EU-Flughäfen repariert werden können, nach und nach zur Einstellung der Verbindungen führen.

Auch kappt die EU mehreren staatlichen Verkehrsunternehmen den Zugang zu Krediten und sonstigen Finanzierungsmöglichkeiten in der EU – unter anderem den Staatsbahnen, aus deren Aufsichtsrat Ex-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) vorgestern nach langem Warten ausgetreten ist. „Die Staatsbahnen hatten eine besondere Rolle, die Truppen zur Grenze zu bringen“, so ein Kommissionsbeamter. Der Kreml drohte mit Gegenmaßnahmen.

Österreich zu Swift-Ausschluss bereit

„Wir werden mit diesen Sanktionen die Möglichkeiten, diese Aggression zu finanzieren, signifikant beschränken. Und wir sind noch nicht am Ende“, sagte der Sprecher der Kommission. Doch wie groß der Wille ist, dabei eigene wirtschaftliche Nachteile einzustecken, ist fraglich. So untersagt die EU zwar den Export jener Technologien, die nötig sind, damit russisches Rohöl nach EU-Qualitätsstandards raffiniert werden kann. Einen Boykott zum Kauf des Öls wird es vorerst nicht geben.
Auch das Nachrichtensystem Swift, das Banken für ihren internationalen Zahlungsverkehr nutzen, bleibt vorerst für Russland offen: „Die Chinesen und Russen warten nicht. Die bauen ihre eigene Infrastruktur. Wenn wir nicht aufpassen, schaden wir uns selbst“, begründete der Kommissionsbeamte die Zurückhaltung. Österreich hat seine Meinung diesbezüglich geändert: Anders als noch beim Sondergipfel am Donnerstag erklärte sich Bundeskanzler Karl Nehammer gestern bereit, einem Swift-Ausschluss Russlands zuzustimmen, wenn es eine Einigung auf EU-Ebene gibt.

AUF EINEN BLICK

Die EU hat am Freitag das zweite Sanktionenpaket gegen Russland binnen einer Woche beschlossen. Allem voran stehen die Vermögenssperre und das Einreiseverbot für Präsident Putin und Außenminister Lawrow. Allerdings scheuen die Europäer vor weiterreichenden Maßnahmen noch zurück – vor allem vor einem Importverbot für russische Rohstoffe und Energieträger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2022)

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