Ukraine-Krieg

Putin „hat keinen realistischen Einblick in das, was passiert“

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ITALY-FRANCE-RUSSIA-UKRAINE-ECONOMY-TABLE(c) APA/AFP/SPUTNIK/- (-)
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Der russische Machthaber benehme sich auffallend anders als in der Vergangenheit: Zu diesem Schluss komme der US-Geheimdienst, berichtet die Nachrichtenseite NBC.

Wie wird sich der russische Präsident Wladimir Putin im Ukraine-Krieg verhalten? Von dieser Frage hängt derzeit alles ab. Die US-Nachrichtenseite NBC hat Geheimdienstler und US-Politiker befragt, die in ihren Funktionen Zugang zu Dokumenten des US-Geheimdienstes haben. Diese zeichnen ein düsteres Bild von Putins Gemütszustand: Der russische Machthaber sei „überrascht worden von dem Ausmaß des ukrainischen Widerstandes“, sagte demnach der demokratische Senator Mark Warner, Mitglied im Geheimdienst-Ausschuss, dem Sender MSNBC. „Er hat sich isoliert. Er war nicht oft im Kreml. Er bekommt immer weniger Input und wenn, dann von Schmeichlern.“

„Der alte Putin war ein kaltblütiger, aber berechnender Killer“, schrieb der republikanische Senator Marco Rubio, ebenfalls Mitglied des Geheimdienst-Ausschusses, auf Twitter. „Der neue Putin ist noch gefährlicher.“ Ähnlich formulierte es auch der ehemalige CIA-Direktor John Brennan gegenüber NBC.

Wutausbrüche und fehlende Informiertheit

Die US-Nachrichtenseite zitiert außerdem vier Geheimdienstmitarbeiter, ohne deren Namen zu nennen. Ihnen zufolge gebe es derzeit keine Anzeichen dafür, dass Putins Geisteszustand nicht stabil sei. Aber es gebe signifikante Veränderungen in seinem Verhalten im Vergleich zur Vergangenheit. Er habe für ihn unübliche Wutausbrüche, bei denen er auf seinen engsten Zirkel losgehe, er sei isoliert und frustriert. Zitiert wird auch ein namenloser westlicher Diplomat: Große Sorgen bereite derzeit, wie isoliert Putin sei. Fraglich sei außerdem, welche Informationen er überhaupt erhalte: „Wir glauben nicht, dass er einen realistischen Einblick hat in das, was gerade passiert.“

Fehlende Realitätswahrnehmung sieht auch Osteuropa-Forscher und Putin-Fachmann Hans-Henning Schröder in einem Interview mit dem „Spiegel“: „Putins bisherige Reden im Kontext des Überfalls auf die Ukraine sind verstörend. Er spricht vom Westen, der Nato, den USA als Feindbilder und von einem faschistischen Regime in Kiew. Ich sehe das als Beleg für einen akuten Verlust von Wirklichkeitsbezug.“ Die Ukraine habe seiner Einschätzung nach keine Chance, den Krieg zu gewinnen. Für Putin sei „die sich westlich ausrichtende Republik Ukraine ein Eiterherd, der jetzt ausgebrannt wird.“

„Befürchte, dass das Schlimmste noch kommen wird“

Die ehemalige US-Außenministerin Condoleezza Rice hat den Kreml-Chef mehrmals getroffen und sieht ebenfalls eine starke Veränderung: Statt kühl und kalkulierend agiere er nun erratisch, sagte sie am Sonntag gegenüber Fox News. Seine Argumentation für den Einmarsch in der Ukraine seien „wahnhaft“: „Er steigert sich da in etwas hinein, das ich zuvor nicht erlebt habe.“

Was daraus folgen könnte? Senator Warner fürchtet, dass Putin sich in ein Eck manövriert habe: „Ich mache mir Sorgen, dass es keinen Ausweg gibt“ außer Gewalt. Michael Kofman, Direktor der Russlandabteilung des amerikanischen Thinktanks CNA, geht davon aus, dass der Krieg brutaler und blutiger werden dürfte: „Leider befürchte ich, dass das Schlimmste noch kommen wird“, schrieb er auf Twitter. „Dieser Krieg könnte noch um einiges schrecklicher werden.“

>> NBC-Bericht

>> Interview im „Spiegel"

(her)

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