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Österreich könnte russisches Gas kurzfristig nicht ersetzen

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Was passiert, wenn Russland kein Gas mehr nach Österreich liefert? Eine "Anpassung der Nachfrage“, sagt Ökonom Kurt Kratena.

Sollten die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland weiter verschärft werden und es zu einem Handelsstopp für russisches Erdgas kommen, wäre Österreich nicht in der Lage, das russische Gas durch Importe aus anderen Quellen zu ersetzen, es wäre auch eine "Anpassung der Nachfrage notwendig", sagt der Ökonom Kurt Kratena vom Centre of Economic Scenario Analysis and Research (CESAR) in Wien.

Außerdem wäre Österreich aufgrund der geografischen Lage darauf angewiesen, dass andere EU-Länder, die zusätzliche Gasmengen über Pipelines oder in Form von LNG (verflüssigtes Erdgas) importieren können, einen Teil dieser Mengen an Österreich weiter liefern.

Die EU könnte die entfallenden Importmengen aus Russland (1700 Terawattstunden) durch nicht genutzte Kapazitäten anderer Lieferanten über Pipelines (650 TWh) und über LNG (1100 TWh) ersetzen, verweist CESAR-Gründer Kratena auf eine im Jänner veröffentlichte Kurzstudie des Bruegel-Institutes. Das würde aber Investitionen in die LNG-Infrastruktur erfordern und wäre mit einem signifikanten Gaspreisanstieg verbunden. Allerdings berücksichtige die Bruegel-Studie nicht, dass sich der Preisanstieg auch auf das globale Angebot und die Nachfrage auswirken würde.

Die EU müsste 40 Prozent ihrer Gasimporte durch andere Lieferanten ersetzen, der Anteil der nicht-russischen Lieferanten müsste also um zwei Drittel steigen. Bei einer mittel- bis langfristigen Preiselastizität des Angebotes von ca. 0,7 würde bereits weniger als eine Verdopplung des Gaspreises als Anreiz für dieses zusätzliche Angebot ausreichen, rechnet Kratena vor. Dieses zusätzliche Angebot käme aber nur im Laufe mehrerer Jahre auf den Markt, kurzfristig müsste somit auch die Nachfrage gedämpft werden, was aber genau durch den Preisanstieg geschehen würde.

In Österreich entfalle ein Großteil des Gasverbrauchs auf die Industrie, nämlich 30,8 Prozent auf die Industrie im Emissionshandelssystem ETS und 22,2 Prozent auf Industrie und Dienstleistungen außerhalb des ETS. 27,7 Prozent werden für die Strom- und Wärmeerzeugung benötigt und 19,3 Prozent verbrauchen die Haushalte.

CESAR sieht auch Synergien zwischen der geplanten Energiewende mit dem Ziel der Dekarbonisierung und einem Handelsstopp für Gas aus Russland. Unter sehr optimistischen Annahmen würde sich ein Synergie-Potenzial von 16 TWh bis 2025 ergeben, was ungefähr einem Fünftel des aktuellen Verbrauchs entspreche.

(APA)

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