Fahrbericht

Fahrkultur im BMW-Coupé: Für Möbel gibt es Möbelwagen

Geduckt und  sparsam, aber effektvoll in die Breite gezeichnet: Das 2er Coupé ist eine erfrischende Alternative zum  Hochwuchs auf unseren Straßen.
Geduckt und sparsam, aber effektvoll in die Breite gezeichnet: Das 2er Coupé ist eine erfrischende Alternative zum Hochwuchs auf unseren Straßen.Clemens Fabry
  • Drucken

Wer keine Familie mehr im Auto unterbringen muss und sich Möbel lieber liefern lässt, ist ein Fall für Fahrkultur, wie sie nur Coupés bieten. Mit dem gelungenen 2er Coupé pflegt BMW das Fach auch im Bereich des Leistbaren.

Die Rede von der aussterbenden Spezies wollen wir lieber nicht führen, sie ist längst unpassend geworden. Aber ein gewisser Kulturverlust ist allemal zu betrauern, wenn sich im großen SUV-Boom das Robuste bis Grobschlächtige flächendeckend ausbreitet und dabei auch alle Extravaganz, die nicht an Survival-Instinkte appelliert, verdrängt – namentlich kunstsinnig gezeichnete Coupés und Cabrios, die gegen die rollenden Allzweckwaffen auf verlorenem Posten stehen.
Statt zu jammern wollen wir uns aber freuen, dass mit BMW ein namhafter Hersteller dem Format die Treue hält – ausdrücklich im zugänglichen Bereich einer Einstiegsbaureihe, dem 2er. Drei Modelle gibt es als Coupé: 220d, 220i (den wir ausführten) und den Überdrüber-M240i, der einen Sechszylinder unter der Haube hat und auf Allrad setzt.

Hofmeister-Knick

Gegen dessen 374 PS wirkt unser 220i mit 184 PS nachgerade bescheiden (Diesel: 190 PS), was nichts daran ändert, dass auch der Vierzylinder unter einer schön langen Motorhaube steckt, wie es eines der typischen Gestaltungsmerkmale des klassischen Coupés ist. Deren weitere: gefällige Proportionen mit kurzen Überhängen vorn und hinten, ein knapp geschnittenes Greenhouse (muss man wohl mit Fahrgastzelle übersetzen) und, als Markenzeichen von BMW-Coupés, der sogenannte Hofmeister-Knick, der doppelt geknickte Verlauf des hinteren Seitenfensters, der Anfang der 1960er (3200 CS) einen funktionellen Hintergrund hatte.

Wen die Riesen-Nieren des 4er, des nächsthöheren Coupés im Modellprogramm, schrecken, wird die mehr lebensechte Ausführung der Kühlergrill-Organe am 2er zum Ausgleich schätzen, ebenso die gestalterischen Kniffe, mit denen der viereinhalb Meter lange Wagen mit vier Sitzplätzen (im Fond sportlich, aber zumutbar) auch ohne raumgreifende Abmessungen vehement in die Breite gezeichnet ist.

Und speziell die Seitenansicht: Musterbeispiel einer sparsamen, dennoch effektvollen Linienführung. Schönheit bei einem Auto bedeutet keineswegs Dekadenz oder Prunksucht. Coupé heißt ja nichts anderes als abgeschnitten, stellt also die auf zwei Türen reduzierte Spielart der Limousine dar, plus Finessen. Eine solche Form tut sich naturgemäß leichter, sich in den Fahrtwind zu ducken und letztlich effizienter mit Treibstoff umzugehen.

Während Leistung in diesem Bereich anderswo gern von Bonsai-Motoren gereicht wird, darf es beim 220i das runde Maß eines Turbo-Zweiliters sein, der naturgemäß keine Mühe hat, 184 PS zu mobilisieren, dies vielmehr mit erfrischender Drehfreude und schnellem Ansprechen. Ein Allrounder, den es bei anderen Modellen aus dem Haus sowohl schwächer als auch stärker gibt: 220i als goldene Mitte also. Vom Diesel würden wir eher absehen, das war für ein Coupé (oder gar Cabrio) noch nie das Richtige. Der sehr teure M240i fällt wiederum in eine ganz andere Neigungsgruppe.

Innen: ergonomisch makellos.
Innen: ergonomisch makellos.Clemens Fabry


Wir nahmen im 220i die Langstrecke in Angriff, fotoscheu, aber doch auf der flotteren Seite. Die resultierenden siebeneinhalb Liter im Schnitt mögen sich noch verbessern lassen, sind aber schon ein sehr akzeptabler Wert für das Gebotene. Die von Antriebskräften freigespielte Lenkung ist präzise und zeigt vorbildlichen Geradeauslauf, das Fahrwerk ist straff, so gut wie wank- und knickfrei, dabei dennoch so komfortabel, wie man es im Alltag haben möchte.


Dass man bei BMW Ergonomie beherrscht, darf als bekannt gelten, auch Bedienung und Bordsystem sind dazuzurechnen – eine bessere Form der Steuerung, deren Zentrum das iDrive-Drehrädchen ist, hat noch keiner erfunden. Nicht die Fülle an Funktionen (Stichwort: 500 Farben für die Ambiente-Beleuchtung), sondern der schnelle, logische Zugang zu den häufig benötigten zählt.

Als 184 PS starker 220i ist das Coupé sehr ordentlich, aber nicht überschießend motorisiert
Als 184 PS starker 220i ist das Coupé sehr ordentlich, aber nicht überschießend motorisiertClemens Fabry


Mag der Listenpreis von 41.000 Euro verlockend klingen – es wäre nicht BMW (oder Audi, Mercedes, Porsche), müsste man nicht noch ein Schüppel an Ausstattung nachlegen. Ein bisschen M-Paket fürs Styling, die tollen Sitze und erstklassiger Sound sollten schon sein, dafür wären an die 10.000 Euro extra einzuplanen. Warum sich bei unserem Exemplar eine Anhängerkupplung an Bord verirrt hat – ungeklärt, wohl nachträglicher Nutzwert für Baumarkt und Ikea?

BMW 220i Coupé

Maße L/B/H 4537/1838/1390 mm. Radstand 2741 mm. Leergewicht 1490 kg (DIN). Kofferraum 390 Liter.
Motor R4-Zylinder-Otto-Turbo, 1998 cm. Leistung max. 135 kW (184 PS) bei 5000–6500/Min. 300 Nm ab 1350/Min. 0–100 in 7,5 Sek. Vmax 236 km/h
Testverbrauch 7,5 l/100 km.
Frontantrieb. Achtgang-Automatik.
Preis ab 41.000 Euro.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.