Kaum jemand hat sich dem Sport so angedient und wurde im Gegenzug so hofiert wie Putins Russland. Markiert der Ukraine-Krieg nun eine Zeitenwende im Umgang mit den Autokraten? Und wer schließt die Lücke, die Russland hinterlässt?
Nur Minuten nachdem er in das höchste Amt der Sportwelt gewählt wurde, bekam Thomas Bach einen Anruf von Wladimir Putin. Man werde ab sofort eng zusammenarbeiten, richtete der Kreml-Chef dem frischgebackenen Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) aus. Wenige Monate vor den Winterspielen 2014 im russischen Sotschi war das, und man kann sich Putins Hinweis auf die enge Zusammenarbeit durchaus in einem bestimmenden Tonfall vorstellen.
Die internationalen Sportverbände, allen voran die beiden mächtigsten, das IOC und der Fußball-Weltverband Fifa, hatten sich mit den Vergaben ihrer Großereignisse längst den umstrittensten Machthabern dieser Welt ausgeliefert. Der frühere russische Schachweltmeister Garri Kasparow formulierte es kürzlich so: Sie seien zu „Werkzeugen von Diktatoren“ geworden. Die Argumente des Kreml-Kritikers sind nicht von der Hand zu weisen. Autokratische Regime haben durch Veranstaltungen, Sponsoring und Investitionen nicht selten das Sagen im Weltsport. Eine Entwicklung, die in den Olympischen Spielen in Peking (2008, 2022) und Sotschi (2014) und in der Fußball-WM in Russland (2018) gipfelte und deren nächstes Kapitel mit der WM 2022 in Katar bevorsteht. Putin und Co. machten sich den Sport zunutze, kaperten seine vorgeblich unpolitischen Großereignisse.