Literatur

Sie wollen sterben, Feigling

Hermann Hesse, hier porträtiert von Gunter Böhmer, hätte heuer seinen 145. Geburtstag gefeiert. Zu diesem Anlass erscheint Anfang April bei Suhrkamp der Band „Inspiration Hermann Hesse“.
Hermann Hesse, hier porträtiert von Gunter Böhmer, hätte heuer seinen 145. Geburtstag gefeiert. Zu diesem Anlass erscheint Anfang April bei Suhrkamp der Band „Inspiration Hermann Hesse“. [ Foto: AKG-Images/Picturedesk]
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Häufig beschäftigte sich der Steppenwolf mit dem Gedanken, ob er beim Rasieren nicht doch dem Beispiel Adalbert Stifters folgen und sich mit der Klinge die Halsschlagader aufschlitzen solle. Seinen 50. Geburtstag setzte er als den Tag fest, an welchem er den „Notausgang“ benutzen wolle. Zum Hermann-Hesse-Jahr.

„Yeah, darlin' gonna make it happen.“
Soundtrack von Steppenwolf zum Film „Easy Rider“.

Der Herausgeber des Traktats berichtet, dass sich sein Autor, Harry Haller, der sich „Steppenwolf“ nannte, mit zwei Koffern und einer großen Bücherkiste in einer Mansarde im Haus seiner Tante einmietete, mit der Gesamtausgabe der Werke von Goethe, mit Büchern der Dichter Jean Paul, Novalis, Lessing, Dostojewski und des Philosophen Lichtenberg. Er war still und freundlich, lebte ganz für sich, wie es heißt, war ein fremdes, wildes und scheues Wesen. Polizeilich wollte sich der erste Mieter der Tante nicht anmelden, um unangenehme Fragen und den Papierkram der Behörden umgehen zu können. Er wollte sich nur einige Monate die Altertümer der Stadt ansehen, die Bibliotheken benützen und ansonsten während seines Aufenthaltes in der Mansarde unauffällig und in Frieden leben.

Erst später bemerkte der Herausgeber des Traktats, dass der seltsame und eigensinnige Steppenwolf schwer melancholisch und gemütskrank war, seine Blicke eher traurig als ironisch waren, wie es heißt, er aufgrund seines unsteten und ungesunden Lebens auch unter körperlichen Gebrechen litt, ihm das Gehen Mühe machte und er schlaflose Nächte hatte. Trotzdem er sich als Einsiedler und scheuer Mensch verstand, hatte der Steppenwolf eine Geliebte, mit der es in der Mansardenwohnung öfter zu lauten und handfesten Streitereien kam.

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