Autoindustrie

E-Auto-Produktion stellt Tschechien und Slowakei vor Probleme

VW Polo läuft in Bratislava vom Band
VW Polo läuft in Bratislava vom BandBLOOMBERG NEWS
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Die Investitionen in Batterien und Elektroautos spielten sich in Westeuropa ab, die Produktion von Benzinern und Dieselautos wird zunehmend nach Osteuropa verlagert.

Die anlaufende Produktion von batterieelektrischen Autos setzt Tschechien, die Slowakei und andere osteuropäische Länder großen Risiken aus. Die Volkswirtschaften sind stark von der Kfz-Industrie abhängig, insbesondere bei Verbrennern. Und dies dürfte sich in den nächsten zwei Jahrzehnten nicht ändern, erklärte Petr Pavlínek, Professor an der University of Nebraska Omaha am Montag bei einer Veranstaltung der Nationalbank in Wien.

Die Investitionen in Batterien und Elektroautos spielten sich jedoch in Westeuropa ab, sagte Pavlinek. Als aktuelle Beispiele nannte er die Trinity Factory von VW in der Nähe von Wolfsburg und die Gigafactory von Tesla bei Berlin. Gleichzeitig würde die Produktion von Benzinern und Dieselautos nach Osteuropa verlagert. So wird der VW Passat nicht mehr in Deutschland, sondern der Slowakei gefertigt.

"Das ist für diese Länder eine sehr riskante Strategie", sie gefährde die Wettbewerbsfähigkeit der Kfz-Industrie dieser Staaten, schlussfolgerte Pavlinek. Die Regierungen hätten auf diese Entwicklungen kaum Einfluss, weil es sich um transnationale Unternehmen handle. Sie könnten nur hoffen, dass sie ihre Position als abhängige Fertigungsländer halten können.

Besonders riskant ist die Abhängigkeit für die Slowakei. VW, PSA, Kia und Jaguar Land Rover würden in dem östlichen Nachbarland Österreichs hauptsächlich Pkw, aber kaum Busse und Lkw herstellen. Die Slowakei sei den Megatrends der Branche daher noch stärker ausgeliefert, erklärte Soňa Muzikárová. Autos machen in der Slowakei 54 Prozent der gesamten Industrieproduktion aus.

Transformation der Kfz-Industrie

In Tschechien beobachtet man ebenfalls mit Sorge, dass die neuen Großfabriken nicht im eigenen Land entstehen. Michal Hrubý, Forscher am Prager Institut Europeum, führt das darauf zurück, dass die Regierung bisher wenig Interesse an der E-Mobilität gezeigt habe. Er erwartet, dass nun Schwung in die Sache komme. Auch Muzikarova sagte: "Die Investitionsentscheidungen müssen jetzt gefällt werden".

Pavlinek ist hier skeptischer. Er verwies auf Aussagen von Mitgliedern der tschechischen Regierung, die das EU-weite Aus für Verbrenner ab 2035 als "inakzeptabel" und "Unsinn" bezeichnet haben. Wohin die Reise geht, werde aber ohnehin VW entscheiden, nicht die tschechische Regierung, so Pavlinek. Tschechiens Einfluss liege ebenso wie der anderer Regierungen bei Lohnniveau und Arbeitskräfteangebot.

Auch die wiiw-Ökonomin Doris Hanzl-Weiss verwies auf das Risiko, dass Tschechien, die Slowakei, Polen und Ungarn am untereren Ende der Wertschöpfungsketten gefangen blieben, auch wenn die Zahl der aus diesen Ländern exportierten E-Autos ab 2020 ebenfalls stark gestiegen sei.

Nationalbank-Ökonom Tomáš Slačík sagte, die Transformation der Kfz-Industrie sei bereits am Markt sichtbar. So würden bei Verbrennern kleinere und günstigere Autos bereits verschwinden. Und sowohl Neuwagen als auch Gebrauchtwagen würden teurer, mit dem Effekt, dass das Durchschnittsalter der Fahrzeuge steige. Entscheidend, nicht nur für die Kfz-Industrie, sondern für die Wirtschaft generell, sie der Zugang zu günstiger, grüner Energie.

Batterien werden immer billiger

Matteo Ferrazzi von der Europäischen Investitionsbank (EIB) sagte, die Autobranche stehe vor einer Revolution. Einerseits durch das absehbare Zulassungsverbot von Verbrennern in vielen Ländern, darunter dem in der EU ab 2035, andererseits durch Marktmechanismen. So sei der Preis für Autobatterien pro Kilowattstunde Kapazität zwischen 2010 und 2020 von 1000 Dollar auf 180 Dollar gefallen. Für 2023 wird ein Preis von 100 Dollar und 2030 von 60 Dollar erwartet.

Ferrazzi verwies auch darauf, dass die weltweite Autoproduktion von fast 100 Millionen Autos 2019 auf rund 80 Millionen 2021 gesunken sei. In Europa war der Rückgang von 18 auf 12 Millionen Fahrzeuge besonders stark. Die weltweite 100-Millionen-Marke werde man auch nicht so bald knacken, schätzt Ferrazzi. Die hohe Produktionsrate sei auch nicht besonders nachhaltig, hätte sie doch dazu geführt, dass die Zahl der Autos in den nächsten zwei, drei Jahrzehnten auf fünf Milliarden gestiegen wäre.

Ein Plädoyer für Wasserstoff und E-Fuels hielt der deutsche Unternehmensberater Klaus Schmitz von Arthur D. Little. Europa sei hier jedoch nicht konkurrenzfähig, weil die Sonne und der Platz eingeschränkt seien. Er prognostiziert großflächige PV-Anlage in der Wüste, deren Strom zu synthetischem Kraftstoff umgewandelt wird und sieht entsprechend großes Marktpotenzial für Elektrolyseure. Mit Blick auf selbstfahrende Autos und Robotaxis äußerte Schmitz die Hoffnung, dass es keine Parkplätze in Städten mehr brauche - anstatt sie zu parken, würden selbstfahrende Autos einfach weggeschickt.

(APA)

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