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Seniorenimmobilien: Spezialsegment wird zum Mainstream

Moderne Wohnangebote für Senioren boomen.
Moderne Wohnangebote für Senioren boomen.(c) Getty Images (shapecharge)
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Überdurchschnittliche Renditen und eine langfristig hohe Nachfrage machen den Markt für Investoren und Entwickler immer interessanter. Ganz unproblematisch ist die Assetklasse jedoch nicht.

In Zeiten, in denen vieles im Wandel ist, sehen sich auch Immobilieninvestoren nach neuen Opportunitäten um. Als solche werden zunehmend Immobilien wahrgenommen, die sich an die Zielgruppe der Senioren richten. Manche Experten sprechen sogar schon davon, dass diese die bestimmende Assetklasse der nächsten 50 Jahre werden könnte. „Sowohl nutzerseitig als auch aufseiten der Investoren erfreuen sich Seniorenimmobilien großer Beliebtheit, da sie nicht nur überdurchschnittlich hohe Renditen aufweisen, sondern aufgrund der demografischen Entwicklung eine langfristig hohe Nachfrage gegeben ist und somit geringe Leerstandsquoten sichergestellt werden können“, erklärt Walter Eichinger, Geschäftsführender Gesellschafter der auf dieses Segment spezialisierten Silver Living Gruppe.

Steigendes Interesse

Früher eher als Sonderinvestitionsform geschätzt, ist besonders in den letzten Jahren ein steigendes Interesse sowohl von institutionellen als auch von privaten Investoren zu bemerken. Derzeit werden noch über 90 Prozent dieser betreuten Wohnformen durch gemeinnützige Bauträger, also mit zum Teil massiven öffentlichen Förderungen, errichtet. Allmählich bildet sich aber für frei finanzierte Immobilienentwickler und Investoren ein interessantes Marktsegment im mittelklassigen Bereich heraus. „Während die Renditen bei normalen Wohnungen und Büros stetig fallen, können gut geplante, durchdachte frei finanzierte Seniorenimmobilien durchaus deutlich höhere Erträge bringen“, meint Samantha Riepl, Geschäftsführerin von SR Immobilien.

Leistbarkeit im Fokus

Ganz unproblematisch ist das Segment für Investoren jedoch nicht. Grund sind die oft sehr unterschiedlichen Fördersysteme, die je nach Bundesland individuell geregelt sind. Außerdem müsse es nachhaltig und realistisch bepreist werden, wie Thomas Morgl, Geschäftsführer von Silver Living, betont: „Es hat keinen Sinn, ein Projekt an einem Standort zu realisieren, an dem sich die Bewohner die Miete später nicht leisten können.“ Die Leistbarkeit für Senioren sei ein maßgeblicher Faktor. Entscheidend für den Erfolg sei darüber hinaus nicht nur die Errichtung barrierefreier und seniorengerechter Wohnhausanlagen, „sondern die gezielte Auswahl eines professionellen Betreibers vor Ort, der langfristig für Struktur, Stabilität und Weitblick in der Betreuung sorgen kann“, ergänzt Riepl.

Die gestiegenen Grundstückspreise sind derzeit für die Sorgenfalten der Investoren verantwortlich. Dadurch wird es vor allem in urbanen Gegenden immer schwieriger, das Prinzip der Leistbarkeit zu gewährleisten. Lukas Hochedlinger, Managing Director Central & Northern Europe bei Christie & Co, glaubt daher, dass es künftig verstärkt zu Umnutzungen kommen wird: „Geschlossene Hotels könnten etwa in alternative Nutzungsmöglichkeiten wie beispielsweise Pflegeeinrichtungen oder Seniorenwohnungen umgewandelt werden.“

Suche nach neuen Konzepten

In Großstädten wie Wien gilt es aufgrund der guten Versorgung durch die öffentliche Hand außerdem neue Konzepte zu finden. So entwickeln Value One und Silver Living gemeinsam unter der Marke Milestone Silver Living ein serviceorientiertes Wohnprodukt für Seniorinnen und Senioren im mittleren Preisniveau. Damit sollen moderne Wohnangebote im innerstädtischen Raum geschaffen werden, die unabhängiges Leben, ein serviciertes Lebensumfeld sowie eine starke Community verbinden. „Das Konzept umfasst unter anderem die Anwesenheit eines Community-Managers, der es den Bewohnern ermöglicht, so lang wie möglich individuell in den Apartments zu leben“, erklärt Sabine Müller, Chief Innovation & Marketing Officer bei Value One. In Wien und Umgebung seien bereits einige Standorte in Prüfung, aber es wäre durchaus denkbar, das Konzept auch ins Ausland zu tragen. Müller: „Der demografische Wandel hat eine europäische Dimension, daher hat das Produkt auch europäisches Potenzial.“

Kostenanstieg bei Baumaterialien

Die größten Herausforderungen haben aber nichts mit der Assetklasse an sich zu tun, sondern mit anderen Unabwägbarkeiten. In der gesamten Baubranche ist es zu einem starken Kostenanstieg bei Baumaterialien und Dienstleistungen gekommen. „Gemeinsam mit Verzögerungen bei Lieferterminen wird dieser Bereich die größte Herausforderung für Entwickler in der näheren Zukunft sein“, betont Morgl.

Hintergrund

Während in Österreich derzeit etwa 844.000 Einwohner über 75 Jahre sind, werden es in zehn Jahren bereits mehr als eine Mio. Menschen sein. Allein durch diese demografische Veränderung werden für die Senioren in Österreich deutlich mehr Wohneinheiten benötigt, wovon rund 3100 Wohneinheiten pro Jahr im Bereich „Betreutes Wohnen“ nachgefragt werden. Die derzeitigen Projekte bringen laut Marktforscher Regioplan allerdings nur knapp 700 jährlich auf den Markt, was einen rechnerischen Fehlbestand von 24.000 betreuten Wohneinheiten für die nächsten zehn Jahre ausmacht.

Für Projektentwickler und Investoren ergeben sich dadurch neue Opportunitäten. Viele Experten gehen davon aus, dass sich dieses Segment in den kommenden 50 Jahren zur bestimmenden Assetklasse entwickeln könnte.

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