Saison 2022/23

Volksoper hinter neuer Fassade

Lotte de Beer: „In einer echten Volksoper sollen verrückte Träume Realität werden.“
Lotte de Beer: „In einer echten Volksoper sollen verrückte Träume Realität werden.“ APA/TOBIAS STEINMAURER
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Lotte de Beer und ihr Chefdirigent Omer Meir Wellber präsentierten ihren ersten Spielplan. Sie spielen Oper und Ballett gleichzeitig und werben um junges Publikum.

Eine „Volksoper im wahrsten Sinne des Wortes“ verspricht die designierte Direktorin Lotte de Beer den Wiener Musikfreunden. Zum Zeichen des Aufbruchs in neue Zeiten wird sich Christoph Hetzer, langjähriger Bühnenbildner der niederländischen Regisseurin, architektonisch betätigen und das Haus am Gürtel von der Fassade bis in Details der Innenausstattung neu ausstaffieren. Auch musikalisch gibt es neue Strukturen: Chefdirigent Omer Meir Wellber stehen drei „Erste Gastdirigenten“ zur Seite, weitere junge Maestri, ein neuer Chordirektor, aber auch bewährte Kapellmeister des Hauses wie Gerrit Prießnitz und Alfred Eschwé. Für die „multikulturelle“ Arbeit mit den jungen Mitgliedern des Sängerensembles geht man eine Kooperation mit dem Opernhaus Rom ein.

Annette Dasch und Harald Schmidt

Die Premierenreihe beginnt mit Carl Millöckers „Dubarry“ in einer Mischfassung aus dem Wiener Original und der in den Dreißigerjahren für Berlin erstellten Revue-Version. Annette Dasch und Harald Schmidt treten eine Zeitreise von der Gegenwart zurück in die Zeit Ludwigs XV. an. Oper und Ballett mischen sich in Tschaikowskys „Iolanthe“ und „Der Nussknacker“, einst an einem Abend uraufgeführt, in der Volksoper ineinander verwoben, um ein „poetisches Familienstück daraus zu machen“, wie die Direktorin verspricht. An seinem Ende öffnet die blinde Prinzessin Iolanthe ihre Augen „für die Unvollkommenheit der Realität“.

Erstmals seit Jahrzehnten kommt auch eine Operette zur Uraufführung. Moritz Eggerts „Die letzte Verschwörung“, vom Komponisten in einem rasanten Medley vorgestellt, diskutiert die Frage, ob die Erde nicht doch flach ist, warnt aber auch davor, nicht alles unreflektiert zu glauben, was Fernsehen und Internet an Nachrichten servieren.

Zeitgemäß will man im Haus am Gürtel ab kommender Saison auch sogenannte „Manifest“-Produktionen herausbringen. Ihr Werkstattcharakter soll das Ensemble dazu bringen, innezuhalten, sich und dem Publikum grundsätzliche Fragen über das Theaterspielen zu stellen. Ein junges Regieteam wird Brecht/Weills „Dreigroschenoper“ zeigen – wenige Monate nach der Produktion desselben Werks in der Josefstadt. Derartige Kollisionen will Lotte de Beer künftig allerdings vermeiden.

Eine freche Neudeutung dürfte Jacques Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“ durch die britische Komödiantentruppe Spymonkeys erfahren. Bei den Vorproben sei es schon ungeheuer lustig zugegangen, verriet de Beer. Die zuletzt vernachlässigte Gattung der Spieloper kommt mit Otto Nicolais „Die lustigen Weiber von Windsor“ wieder zu Ehren.

Und „natürlich wollte ich eine Mozart-Oper ins Programm nehmen“, bekannte die Prinzipalin. Dafür bat sie den türkischen Regisseur Nurkan Erpulat um einen Titelvorschlag. „Er wollte Mozarts Türkenoper inszenieren“, berichtet de Beer, „Die Entführung aus dem Serail“, und zwar „aus dem Blickwinkel von Bassa Selim“. Wer ihn spielen wird, ist noch ein Geheimnis. Vielleicht ist sogar an eine Schauspielerin gedacht? Jedenfalls wird Maria Happel kommende Saison „Die Fledermaus“ szenisch auffrischen und selbst den Frosch spielen. Den Macheath in der „Dreigroschenoper“ gibt Sona MacDonald.

Aus früheren Volksopernzeiten holt man Harry Kupfers Produktion von Puccinis „La Boheme“ in den Spielplan zurück, aber auch Achim Freyers Inszenierung von Rossinis „Cenerentola“. Ein junges Publikum und Familien möchte man ansprechen, indem an 21 Tagen die Vorstellungen viel früher als gewohnt beginnen. Auch Kinderkonzerte mit traditionellen mitteleuropäischen und türkischen Instrumenten sind geplant.

Mit den Wiener Festwochen gibt es eine längerfristige Zusammenarbeit, die mit einem Projekt Anne Teresa De Keersmaekers beginnen wird. Im Verein mit Vienna Pride produziert die Volksoper eine „todernste Stand-up-Comedy“ über die Rolle der Väter namens „Nicht die Väter“.

Ein Operetten-Pop-Konzert Steef de Jongs wird in einer One-Man-Show gleich vier Operetten in selbst gebastelten Pappkulissen vorstellen. Und das Volksopernorchester bietet unter Omer Meir Wellber einen symphonischen Zyklus, der am 13. September im Wiener Konzerthaus beginnt: „Das ist wichtig für die Qualitätssicherung“, sagt der designierte Chefdirigent. Er möchte in dieser Reihe ein Repertoire erarbeiten, das von Haydns und Vivaldi/Piazzollas „Jahreszeiten“ bis zu Korngold, Schostakowitsch und Prokofjew reicht. Ab 2023 sollen diese Konzertprogramme dann auch im Rahmen von Gastspielen in kleineren österreichischen Städten stattfinden.

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