Lokalkritik

Testessen im Daihachi

Daihachi/ David Pan
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Eine Klasse für sich: Saurer Seidentintenfisch, roher Thunfischbauch und Nattō-Stanitzel.

Ursprünglich hätte hier eine neue Rooftop-Bar am Donaukanal vorgestellt werden sollen (der, wie sich herausstellte, nicht unbedingt die Ehre einer namentlichen Erwähnung zusteht). Angekündigt waren Köche, die im achten Stock eines Hotels interessant klingendes Barfood zubereiten, jenseits von Oliven und Erdnüssen. Auf der mageren Karte jedoch waren nur die üblichen Fadessen zu ­finden, dafür kam es zu einer (freundlich gesagt) Erfahrung der anderen Art.

Bleibt also, die Terrasse als kostenlose Aussichtsplattform zu empfehlen: U2-Station Schottenring, direkt am Ausgang Herminengasse. Mit dem Aufzug in den achten Stock hinauf und den Rundumblick genießen. Sie haben locker zwanzig Minuten, bis der Service Sie überhaupt wahrnimmt, und weitere 45 Minuten, wenn Sie sich doch setzen und etwas zu essen bestellen. Nach diesen 45 Minuten wird man Ihnen mitteilen, dass es doch kein Essen gebe. Gar keines. Und, haben Sie das Panorama ausgiebig genossen?

Viele Stammgäste

Von Ihrer Warte aus hinter dem Ringturm können Sie übrigens eine Adresse er­­ahnen, an der Sie sehr wohl etwas zu essen bekommen – wenn Sie rohen Fisch mögen. Einfach die U2-Station durchqueren, also unter dem Donaukanal (!) durch, ein paar Schritte den Schottenring hinauf, und Sie sind da. Das Sushi-Restaurant ­Daihachi war seit 1993 im nahen Hotel DeFrance zu finden, hat dementsprechend viele Stammgäste, vor allem zu Mittag. Vor einigen Monaten übersiedelten Chao-Li und ihr Mann Kuo-Jung „Peter“ Pan ins Kempinski. „Hab’ ich Sie endlich gefunden!“, sagt ein Gast, der sich direkt vor den Sushimeister an die Bar setzt.

Daihachi/ David Pan

Wer nicht lang über­legen will, bestellt ein gemischtes Set (Sashimi um 35 Euro, Nigiri-Sushi ab 24  Euro) und wird damit glücklich werden  – die Fischqualität ist herausragend, und so manches Detail in der Zubereitung wie das Abflämmen von Butterfisch macht alles noch besser. Die richtigen Nigiri-­Spezialitäten gibt es paarweise. Selten zu bekommen sind die Inari-Sushi, also elegant gesäuerter Reis in umamisüß marinierten frittierten Tofuteigtaschen. Nicht versäumen sollte man die kalten Happen vorweg (ab 6 Euro): etwa seidigsten Tintenfisch in Essig, Lachskaviar an ­geriebenem Rettich oder Tofu mit Krebsrogen. Und wirklich ungewöhnlich ist das ­knus­prige Algenblatt-Stanitzel Temaki mit dem, nun ja, arg schmeckenden, Fäden ziehenden Nattō, fermentierten Soja­bohnen. Für Kenner oder Mutige.

Daihachi im Hotel Kempinski

Schottenring 26, 1010 Wien, Tel.: +43/(0)1/317 99 81, Restaurant: ­Mo–Fr: 12–14, 18–22 Uhr.

("Die Presse Schaufenster" vom 22.04.2022)

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