Wien-Terror: Hinterbliebene klagen Republik auf Schadenersatz

Nach dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt stellten Trauernde unzählige Kerzen auf die Straße.
Nach dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt stellten Trauernde unzählige Kerzen auf die Straße. Die Presse/Clemens Fabry
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Amtshaftungsklage: Angehörige eines bei dem Terroranschlag vom 2. November 2020 getöteten 21-Jährigen wollen den Staat in die Pflicht nehmen.

Der Onkel des getöteten jungen Mannes kann seine Wut über das offizielle Österreich nicht zurückhalten. Bis heute habe sich niemand bei der Familie entschuldigt. Dies tat der Mann am Mittwoch kurz nach Schluss der Verhandlung im Wiener Zivillandesgericht kund. Indes versuchen die Eltern und der Bruder des Getöteten knapp 120.000 Euro Schadenersatz bei der Republik einzuklagen.

Denn: Deren Organe – etwa der Verfassungsschutz – hätten im Vorfeld des Wien-Terrors vom 2. November 2020 rechtswidrig und schuldhaft gehandelt. Wären die Fehler, zum Beispiel das zu langsame Reagieren auf verdächtige Handlungen des Attentäters im Vorfeld des Anschlags, nicht begangen worden, hätte der Terror verhindert werden können. Vier Tote und etwa zwei Dutzend Verletzte waren infolge der Schüsse des islamistischen Attentäters K. F. (20) zu beklagen gewesen. Unter den Opfern war eben auch ein junger Mann aus Niederösterreich mit nordmazedonischen Wurzeln.

Unterstützungsfonds steht bereit

Wie der Anwalt der Hinterbliebenen, Mathias Burger, der Austria Presse Agentur sagte, bekamen seine Klienten bisher je 2000 Euro, gestützt auf das Verbrechensopfergesetz und 4500 Euro als Ersatz für die Begräbniskosten, die damit aber nicht abgedeckt worden seien. Später seien pro Person 10.000 Euro an Trauerschmerzensgeld geflossen. Letzteres kam aus dem eigens gegründeten Unterstützungsfonds. Dieser wurde von der Bundesregierung mit 2,2 Millionen Euro dotiert. Der Fonds kann im Bedarfsfall aufgestockt werden, derzeit scheint laut „Presse“-Informationen eine Aufstockung aber nicht erforderlich.

Der Rechtsvertreter der Finanzprokuratur (diese vertritt die Republik), Martin Tatscher, machte darauf aufmerksam, dass die Opfer die bisher geflossenen Gelder aus dem Fonds jedenfalls behalten dürfen. Die Befürchtung, das Geld sei vorab ausbezahlt worden, es müsse aber erst geprüft werden, ob diese Summen auch passen – diese Befürchtung der Hinterbliebenen (gestützt auf ein Schreiben eines Operschutz-Vereins) sei verfehlt.

Mehr noch: Schätzen die Experten des Unterstützungsfonds die erlittenen Schäden (auch Begräbniskosten) höher ein als die bisher vorab ausbezahlte Summe, dann bekommen die Eltern und der Bruder des Getöteten eine weitere Auszahlung. Insofern erklärte Opfer-Anwalt Burger, dass es denkbar sei, dass die Klage durch derartige Zahlungen gegenstandslos werde.

Die Richterin hatte nun erhebliche Zweifel daran, dass der Schutzzweck der – laut Klage verletzten – Normen (Beispiel: Staatsschutzgesetz) überhaupt im „Schutz des Einzelnen“ liege. Eigentlich, so die Richterin, gehe es um den Schutz der Allgemeinheit bzw. der Infrastruktur. Daher sei es sehr fraglich, ob überhaupt Ansprüche bestehen. Mit diesen Überlegungen schloss die Richterin den Prozess ohne Beweisaufnahme. Das schriftlich ergehende Urteil wird daher höchstwahrscheinlich aus einer Abweisung der Klage bestehen. Möglicherweise wandert die Sache in die nächste Instanz.

Schon einmal haben Hinterbliebene eines Terror-Opfers die Republik geklagt. In diesem Fall gibt es noch keine abschließende Entscheidung.

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