Regisseur Martin Hötzeneder alias Herr Finnland und Darstellerin Laura Hermann vor dem Hinterausgang des temporären Prater-Etablissements.
Nesterval

Im Nachtklub der Buddenbrooks

Was Thomas Manns Figuren im Wurstelprater verloren haben? Die Theatergruppe Nesterval baute ihnen hier ein Rotlicht-Lokal – und will sie sinnlich zugrunde gehen lassen.

Die Nebelmaschine funktioniert schon einmal einwandfrei. Aus dem dichten Dunst ragt eine üppig gedeckte Tafel hervor, der Schein des Neonlichts lässt Plüschsofas, Bartische und eine lebensgroße Marilyn-Monroe-Statue erkennen. Dazwischen herrscht reges Gewusel. „Das ist genug Nebel“, ruft Herr Finnland, während er sich flott durch den Raum schlängelt, vorbei an netzbestrumpften Beinen, blondgelockten Perücken und einem Mann, dessen nackter Oberkörper nur von einem Brustgeschirr aus Leder bedeckt ist. In zehn Minuten geht's los, erinnert er alle. „Wer macht hier das Licht an? Licht aus bitte!“

Es muss düster sein an diesem frühen Abend in der Praterparzelle 34. Wir sind hier, zwischen Geister- und Minirennbahn, schließlich in einem Nachtklub mit Bordell, dem „Budd'n'brooks“ – und damit mitten im Spielort der neuesten Nesterval-Produktion. Die queere Wiener Gruppe, die spezialisiert ist auf immersive, sich über mehrere Zeitebenen und Räume erstreckende Theaterabenteuer, lässt hier Motive und Charaktere aus Thomas Manns großem Gesellschaftsroman auf Sexarbeitsindustrie und Wiener Pratergeschichte treffen. „Sex, Drugs und Budd'n'brooks“, heißt die Produktion, die ab kommender Woche zu sehen ist. Für all jene, die das Glück hatten, Karten zu ergattern: Die neun Spieltermine waren in Windeseile ausverkauft. So hip und beliebt wie Nesterval ist derzeit kaum eine andere Theatertruppe.

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