PEN-Club

Deniz Yücel und andere wollen einen "Besser-PEN" gründen

Deniz Yücel
Deniz Yücelimago images / Müller-Stauffenbe
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Nach den Querelen bei der Schriftstellervereinigung (oder „Bratwurstbude") PEN soll es nun einen alternativen Verein geben. Unterstützt etwa von Daniel Kehlmann und Eva Menasse.

Der Journalist Deniz Yücel sparte nicht mit heftigen Ausdrücken, als er kürzlich als deutscher PEN-Präsident zurücktrat. Er wolle nicht Präsident "dieser Bratwurstbude" sein, hatte er nach knapp abgewendeter Abwahl gesagt. Und erklärte dann auch, dass der Club der Autoren dominiert werde "von einem Haufen Spießern und Knallchargen". Der Verein mache seine Arbeit schlecht, zudem werde "auf intransparente Weise an den Gremien des Vereins vorbei über die Verwendung von Steuermitteln entschieden", hatte er in der "Süddeutschen Zeitung" gesagt. Und noch mehr. In Gotha war das komplette, erst im Oktober gewählte Präsidium zurückgetreten, Josef Haslinger übernahm daraufhin interimistisch die Führung.

Nun soll ein alternativer Verein entstehen. Rund 230 Autorinnen und Autoren wollen den PEN Berlin gründen, wie Yücel am Dienstag ankündigte. Die Vereinigung soll am Freitag im Berliner Literaturhaus gegründet werden. Es soll "kein Gegen-PEN" sein, schrieb Yücel, aber  "vielleicht, inschallah, ganz bestimmt ein Besser-PEN". Zu den Unterstützern zählen demnach unter anderem Daniel Kehlmann ("Tyll"), Christian Kracht ("Eurotrash") und Eva Menasse ("Dunkelblum").

Außerdem Karen Köhler ("Miroloi"), Lucy Fricke ("Die Diplomatin") und Ursula Krechel ("Landgericht"), ebenso Thea Dorn, die das "Literarische Quartett" im ZDF moderiert, Mithu M. Sanyal ("Identitti"), Christian Berkel ("Ada") und Feridun Zaimoglu ("Hinterland").

Menasse: "Da läuft schon länger etwas schief"

Die Tagung in Gotha sei nur der Kipppunkt einer längeren Entwicklung gewesen, sagte Eva Menasse der Deutschen Presse-Agentur. In den vergangenen Jahren habe es immer wieder Streit gegeben. "Da läuft schon länger etwas schief." Die Unverrückbarkeit bestimmter Verhältnisse sei sehr sichtbar geworden.

An dem neuen Projekt wird ihren Angaben zufolge seit Mitte Mai gearbeitet. Die Runden habe sie als konstruktiv empfunden. Heftig debattiert worden sei die Frage: "Lohnt es den Versuch, den alten PEN zu reformieren?" Eine Mehrheit sei dann für eine Neugründung gewesen. Verzichten will der PEN Berlin auf Titel wie Präsident, Vizepräsident und Generalsekretär, "die von ihrem Pomp und Dekorum abgesehen keinerlei intrinsische Notwendigkeit tragen". Stattdessen soll es ein nach Männern und Frauen paritätisch besetztes Board geben.

Dass manche auch noch Mitglied beim PEN-Zentrum sind, sieht Menasse nicht als Problem. Sie glaube, dass einige die Mitgliedschaft aus Sentimentalität erstmal behielten und schauten, wie das neue Projekt anlaufe. "Ich sehe im Moment nicht, was dagegen spricht."

Nur „sehr, sehr wenige Austritte"

Das deutsche PEN-Zentrum mit Sitz in Darmstadt sieht die angekündigte Neugründung als Ergänzung seiner Arbeit. "Wir sehen das als Bereicherung der Arbeit des PEN in dem Bemühen, uns neu aufzustellen", sagte Generalsekretärin Claudia Guderian. Man wolle den Kontakt suchen. Ihren Angaben zufolge sind einige Autoren, die sich zu der Neugründung bekannt hätten, weiter auch Mitglieder im PEN. Es habe nur sehr, sehr wenige Austritte gegeben. Darüber hinaus habe jeder die Freiheit, einen Verein zu gründen.

Auf der Internetseite von PEN Berlin ist zu lesen: "Wir wollen einen neuen PEN. Einen zeitgemäßen und diversen PEN, in dem sich auf Deutsch schreibende oder in Deutschland lebende Schriftsteller:innen und Übersetzer:innen aller literarischen und publizistischen Genres zusammenfinden." Es brauche einen neuen PEN, der "gemeinsam und unabhängig von Herkunft und Haltung Missstände anprangert und denjenigen hilft, die in ihrer freien Meinungsäußerung bedroht werden".

Yücel war mehrere Monate Präsident des deutschen Ablegers der internationalen Schriftstellervereinigung PEN (die drei Buchstaben stehen für die Wörter Poets, Essayists und Novelists) gewesen. Gestritten wurde dabei nicht nur über Aussagen Yücels, der eine Flugverbotszone in der Ukraine gefordert hatte, sondern vor allem über den Führungsstil im Vorstand.

(red./APA/dpa)

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