Literatur

Zwei Nerds auf einer Insel

31 Jahre lang korrespondierten Stefan Zweig und Insel-Verleger Anton Kippenberg. Der nun erschienene Briefwechsel ist ein Kompendium europäischer Literatur- und Verlagsgeschichte.

Ich kenne genau Ihre Verlagswerke und infolgedessen Ihre Bemühungen, das Erlesenste der Litteratur in erlesener Form darzubieten, selbst wenn es nicht dem breiten Publicum entgegenkommt.“ So wandte sich am 13. Dezember 1905 ein 24-jähriger Schriftsteller aus Wien an einen Verleger, der Geschichte schreiben sollte. Doch nicht nur Stefan Zweig stand damals am Anfang seiner Karriere zum „Weltautor“, auch der 32-jährige Anton Kippenberg gehörte erst seit Kurzem jenem Verlag an, der 1901 gegründet worden war und seinen Sitz in Leipzig hatte. Doch schon stand „die Insel“, wie das Haus genannt wurde, für Bücher, die in vielerlei Hinsicht Maßstäbe setzten. Das gilt auch für das Verlagssignet, den Zweimaster im Wind. Für Zweig erfüllte sich der Traum, unter dem Inselschiff zu segeln, 1906 mit dem Band „Die frühen Kränze“. Er hatte nicht nur einen Verlag gefunden, der seine Bücher bibliophil ausstattete, sondern auch einen Verleger, der ihn stets um Rat fragte. Zudem verband Kippenberg und Zweig die Sammelleidenschaft von Autografen erlesener Provenienz. Kurzum: Sie wurden Freunde.

Von dieser Freundschaft zeugt eine Korrespondenz, die in ihrer Umschrift rund 2900 Seiten umfasst. Aus dem riesigen Korpus haben die Zweig-Experten Oliver Matuschek und Klemens Renoldner 574 Schreiben ausgewählt und kommentiert. Herausgekommen ist ein stattlicher Band, der viel mehr vermag, als nur die Verbundenheit zweier Männer zu dokumentieren, die mit der Insel-Bücherei eine Ikone des analogen Zeitalters ersonnen haben. Darüber hinaus ist die Edition ein Kompendium europäischer Literatur- und Verlagsgeschichte, aus dem man lernen kann, wie rasch die politischen Entwicklungen aus Kippenbergs und Zweigs Welt eine gestrige machten.

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