EZB ignoriert Ruf nach mehr Hilfe

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ignoriert nach mehr Hilfe(c) AP (MICHAEL PROBST)
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Die EZB setzt ihr Krisenprogramm fort, weitet es aber nicht aus. Sie versorgt die Banken weiter großzügig mit billigem Geld. Die Eurokredite werden trotzdem teurer.

Wien/Reuters, hie, ker. Die Krise in der Eurozone verschärft sich – und damit werden auch die Rufe nach mehr Hilfe der Zentralbank lauter. Am Mittwoch sprach sich Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn dafür aus, dass die „Hüterin des Euro“ ihr Programm zum Ankauf von Staatsanleihen auf andere Länder ausweite – zum Beispiel auf Spanien. Derzeit stützt sie mit den Anleihenkäufen vor allem Griechenland, Irland und Portugal. Doch EZB-Chef Jean-Claude Trichet reagierte nicht auf den Zuruf: Das Programm werde fortgesetzt, aber nicht ausgeweitet, sagte er am Donnerstag nach der Sitzung des EZB-Zentralrats. „Das Ankaufprogramm geht weiter, ich wiederhole: Es geht weiter“, so Trichet. Der Leitzins wird wie erwartet bei einem Prozent belassen.

Die EZB beschloss zudem, dass sie den Geschäftsbanken weiter großzügig Liquidität zur Verfügung stellen wird. Die Banken können sich demnach weiterhin bei ihr unbegrenzt Geld für drei Monate holen. Analysten haben prognostiziert, dass die EZB diese Liquiditätshilfe auslaufen lassen wird. Wäre das passiert, hätten die Banken weniger Geld zum Verleihen, was den Geldmarktzinsen (also den Zinssätzen, zu denen sich die Banken untereinander Geld leihen) noch deutlicher Auftrieb verliehen hätte. Das hätte Folgen für die Inhaber von variablen Eurokrediten gehabt, deren Zinsen oft an den Referenzzinssatz Euribor gebunden sind.

Kredite werden trotzdem teurer

Aber trotz der EZB-Entscheidung werden die Kreditnehmer um eine höhere Zinsbelastung nicht herumkommen. Die Analysten der Erste Group prognostizieren, dass der Euribor von aktuell 1,03 Prozent bis März auf 1,10 Prozent steigen wird. Im Dezember 2011 werde der Euribor bereits bei 1,60 Prozent liegen. „Dieser Anstieg ist deswegen zu erwarten, weil die längerfristigen Repo-Geschäfte auslaufen. Bis Jahresmitte wird daher nicht mehr so viel Überschussliquidität vorhanden sein“, sagt Gudrun Egger, Volkswirtin der Erste Group. Bei Repo-Geschäften stellt die EZB den Banken Geld zur Verfügung und erhält dafür für die Laufzeit des Geschäfts meistens festverzinsliche Wertpapiere. „Gegen Ende 2011 werden die Zinsen dann noch schneller und kräftiger anziehen. Die Zinsentwicklung steht dann nämlich im Zeichen der bevorstehenden Leitzinserhöhung der EZB, die wir für das vierte Quartal 2011 erwarten“, so Egger.

Gerüchte über Krisengipfel der EU-Chefs

Seit Mai hat die EZB Anleihen im Umfang von 67 Mrd. Euro aus dem Markt gekauft. Das Geld wird aber auf anderem Weg wieder abgeschöpft, heißt es von der Zentralbank. Die Kritiker beruhigt das nicht. Sie kommen vor allem aus Deutschland: Bundesbank-Chef Axel Weber beklagt, dass mit dem Programm „erhebliche Stabilitätsrisken“ verbunden seien. Ähnlich äußerte sich am Donnerstag der deutsche Wirtschaftsminister Rainer Brüderle: „Ich halte die Unabhängigkeit der Notenbank für unverzichtbar. Die Geldpresse darf nicht in die Hände der Politik kommen.“ Das Programm zum Anleihenkauf hat der EZB die Kritik eingetragen, sie habe ihre Unabhängigkeit aufs Spiel gesetzt. Zuversichtlich äußerte sich Brüderle mit Blick auf Portugal und Spanien: „Ich sehe gute Chancen, dass es beide Länder ohne EU-Hilfen schaffen.“

Die beiden Länder gelten als die nächsten, die unter den Euroschutzschirm flüchten könnten. Die spanische Regierung weist das zurück: Das Land werde die Krise aus eigener Kraft meistern, sagte Regierungschef José Luis Zapatero in einem Interview. Auch Italien gilt als Kandidat, und sogar an der Lage in Belgien wurden jüngst Zweifel laut.

Das nächste reguläre Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU findet am 16.Dezember statt. Ein spanischer Regierungsvertreter sagte gestern, die EU-Chefs könnten noch vor diesem Termin zu einem Krisengipfel zusammenkommen. Die Kommission weist das zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2010)

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