Verlegung nach Großbritannien

Doch Song Contest in der Ukraine?

Die EBU will eine Verlegung nach Großbritannien, Premierminister Boris Johnson ist aber dagegen.

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine könne der Eurovision Song Contest (ESC) 2023 nicht wie geplant in Kiew stattfinden: Das erklärte die für den Song Contest zuständige Europäische Rundfunkunion (EBU) am Freitag. Mit einer über Twitter ausgesandten, doch recht bürokratisch formulierten Begründung: Die ukrainische TV-Anstalt UA:PBC könne „die Sicherheit, die ein Fernsehsender bieten muss, um den Eurovision Song Contest nach den Regeln des ESC auszurichten, zu organisieren und zu produzieren, nicht gewährleisten“.

In der Ukraine hat der Song Contest schon zwei Mal stattgefunden, 2005 und 2017. Im Jahr 2023 ist sie wieder als Gastgeberland an der Reihe, weil sie 2022 mit dem Kalush Orchestra (Liedtitel: „Stefania“) beim Song Contest in Turin klar gewonnen hat. Mit Sam Ryder („Space Man“) zweitplatziert war Großbritannien. Daher verhandle sie mit der BBC über eine Ausrichtung des ESC 2023 in Großbritannien, erklärte die EBU. Und, an die Ukraine gerichtet: „Wir teilen ihre Trauer und Enttäuschung, dass der Contest im kommenden Jahr nicht in der Ukraine stattfinden kann.“ Die BBC ist bereits einmal eingesprungen: 1974 für Luxemburg, weil dieser Kleinstaat kein zweites Mal die teure Ausrichtung bezahlen wollte.

Sicherheitsnormen. Aus der Ukraine kam sofort Protest: Kulturminister Olexander Tkatschenko forderte die Rücknahme der Verlegung: „Wir meinen, dass wir alle auf uns genommenen Verpflichtungen erfüllen können.“ Man könne Sicherheitsnormen garantieren. Und die Austragung in der Ukraine wäre ein starkes Signal für die ganze Welt, welche das Land unterstütze. Schon nach dem ESC-Sieg im Mai hatte Präsident Wolodymyr Selenskij via Telegram gejubelt: „Unser Mut beeindruckt die Welt, unsere Musik erobert Europa! Im nächsten Jahr empfängt die Ukraine die Eurovision!“

Aus Großbritannien kam erst eine moderat positive Reaktion auf die Verlegung: Der Sieg der Ukraine beim ESC 2022 solle sich jedenfalls in den Shows widerspiegeln, erklärte ein Sprecher von Premierminister Boris Johnson: „Wir würden alles daran setzen, sicherzustellen, dass die reiche Kultur, das Erbe und die Kreativität der Ukraine sich im überbordenden Ausmaße widerspiegelt.“ Dann schlug Boris Johnsons innerbritische Konkurrentin, Nicola Sturgeon, „First Minister“ von Schottland, originellerweise vor, der Contest solle doch „am Ufer des Flusses Clyde“, also in Glasgow, stattfinden.

Doch am Samstag meldete sich Johnson selbst – und korrigierte seinen Sprecher: Er sei für Kiew „oder eine andere sichere ukrainische Stadt“ als Austragungsort des ESC. „Tatsache ist, dass sie ihn gewonnen haben, und sie verdienen es, ihn zu haben.“ Er habe sich bei einem kurzfristigen Besuch am Freitag in Kiew davon überzeugt, dass die Stadt schon sehr viel belebter sei als noch vor einigen Wochen. Und: „Es ist noch ein Jahr bis dahin, ein Jahr! Das wird okay sein.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2022)

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