Glosse

Trink ma noch ein Putingamer

APA/EPA
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Wegen der industriellen Flaute durch westliche Sanktionen und des Rückzugs fremder Firmen setzt Russland auf Eigeninitiative und reaktiviert verblichene Automarken. Hm, da wäre noch mehr drin.

Russland will also, sagte Industrieminister Manturow, die verblichenen Pkw-Marken Wolga und Pobeda („Sieg") reaktivieren. Beide stamm(t)en vom heute noch aktiven Hersteller GAZ. Der Wolga (1956-2010) war ein durchaus schönes Auto der gehobenen Klasse und ähnelte zeitgenössischen US-Wagen, der Pobeda war sein Vorgänger gewesen und nahm ebenfalls Anleihen am US-Design und dem Luxusmodell Opel Kapitän. Auch der legendäre Moskwitsch (1946–1991, anfangs ein Opel Kadett) soll aus der Schrottpresse auferstehen.

Grund: Der weitgehende Lockdown der russischen Autoindustrie wegen der westlichen Sanktionen und des Rückzugs zahlreicher Firmen wie Renault, VW, BMW, Jaguar und Toyota macht eine eigene industrielle Initiative nötig.

Chelovecheck/CC BY-SA 3.0

Nun: An sich hat das tolle Russland Westmarken doch gar nicht nötig und kann das Zeug selbst machen, oder? McDonald's wird dann eben zu McTolstoi's, Burger King zu Burger Zar, Kentucky Fried Chicken zu Kreml Fried Chicken, man brät Petersburger und trinkt Kola Cola, nach der gleichnamigen Halbinsel bei Murmansk. Statt Chanel trägt frau Kremel und mann Russardi statt Trussardi, man schaut Njetflix, hat Putingamer statt Puntigamer im Eiskasten und den Stolichnaya neuerdings auf fast null Stalingrad gekühlt. Die Wohnblöcke baut fortan Gulag statt Strabag.

Im Ernst: Für Russland wäre ob seines derzeitigen Verhaltens „Red Null“ angesagt. Und das Reaktivieren von Dingen wie Vernunft, Vertrauen, Menschlichkeit, Freundlichkeit, Mut. Aber dafür gibt es keinen Markt.

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