Branchengala

12. Österreichischer Filmpreis im Zeichen der "MeToo"-Debatte

Präsidentin Verena Altenberger und Präsident Arash T. Riahi
Präsidentin Verena Altenberger und Präsident Arash T. Riahi APA/TOBIAS STEINMAURER
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Auszeichnungen für Maria Hofstätter, Georg Friedrich und Sebastian Meise bzw. dessen Film „Große Freiheit“. Die Gala in Grafenegg dominierte aber das große Thema sexualisierter Übergriffe und Machtmissbrauch in der Filmszene.

Das Drama "Große Freiheit" von Sebastian Meise ist der große Gewinner des 12. Österreichischen Filmpreises, der am Donnerstag in Grafenegg verliehen wurde. Das homosexuelle Drama mit Georg Friedrich und Franz Rogowski holte sich den Hauptpreis als bester Film, Meise reklamierte die Regietrophäe für sich und der abwesende Friedrich die Darstellerwürdigung. Insgesamt konnte "Große Freiheit", 2021 bereits in Cannes prämiert, acht seiner zehn Nominierungen in Preise ummünzen.

Das Tableau komplettierten der Südtiroler Thomas Prenn als bester Nebendarsteller sowie die Würdigungen für Kamera, Drehbuch, Schnitt und Maske. Mit diesen acht Ehrungen egalisierte das Werk den bisherigen Filmpreis-Rekord von Andreas Prochaskas "Das finstere Tal", der 2015 ebenfalls acht Auszeichnungen einheimsen konnte. "Man kann Kunst nicht vergleichen", zeigte sich Meise in seiner Dankesrede konziliant gegenüber den Mitbewerbern: "Wer nichts kann, der wird Regisseur."

Abgeschlagen auf Platz 2 landete indes der ebenfalls mit zehn Nennungen ins Rennen gegangene Gefängnisfilm "Fuchs im Bau" von Arman T. Riahi. Dieser konnte aber immerhin vier Trophäen realisieren, darunter die Hauptdarstellerinnenehrung für Maria Hofstätter. Die Krone der Dokumentarfilme holten indes Tizza Covi und Rainer Frimmel mit ihrem Wiener Strizziporträt "Aufzeichnungen aus der Unterwelt".

MeToo dominierte die Gespräche und Debatten

Neben aller feierlichen Stimmung im Auditorium von Grafenegg dominierte das große Thema sexualisierter Übergriffe und des Machtmissbrauchs in der Filmszene den von Clara Stern gestalteten und von Julia Edtmeier sowie Michael Ostrowski moderierten Abend unter dem Motto "All together now!". Dank einer Sammlung von Betroffenenberichten durch die Regisseurin Katharina Mückstein war die MeToo-Debatte in der Filmszene in den vergangenen Tagen wieder virulent geworden.

"Sexualisierter Machtmissbrauch ist ein Problem unserer Branche. Sexualisierter Machtmissbrauch ist ein Problem unserer Gesellschaft", stellte Arash T. Riahi, der neue Co-Präsident der den Filmpreis ausrichtenden Akademie des Österreichischen Films, zum Auftakt klar. "Vor allem muss den Betroffenen zugehört und geglaubt werden", forderte Co-Präsidentin Verena Altenberger.

Für den emotionalsten Moment des Abends sorgte in diesem Zusammenhang die deutsche Schauspielerin Luna Jordan während ihrer Dankesrede für die Ehrung als beste Nebendarstellerin für ihren Part in "Fuchs im Bau": "Ich bin gerade einmal 20 Jahre alt, und ich bin vielfach Opfer sexuellen Missbrauchs an Filmsets und im Theater geworden." Es gelte, hier zusammenzustehen. "Lasst uns gemeinsam das Schweigen brechen", forderte Jordan die Anwesenden auf, wofür sie mit stehenden Ovationen bedacht wurde.

Und für die Verschmelzung der MeToo-Bewegung mit dem dominierenden Thema des Ukraine-Krieges sorgte Gastredner Alik Shpilyuk, Vertreter der Ukrainischen Akademie des Films: "Vermutlich die ganze Ukraine kann sich dieser Bewegung anschließen, da ukrainische Frauen von russischen Raketen getötet und ukrainische Frauen von russischen Soldaten vergewaltigt werden."

Die Gewinner des 12. Österreichischen Filmpreises

BESTER SPIELFILM "Große Freiheit" von Sebastian Meise

BESTER DOKUMENTARFILM "Aufzeichnungen aus der Unterwelt" von Tizza Covi und Rainer Frimmel

BESTER KURZFILM "Genosse Tito, ich erbe" von Olga Kosanovic

BESTE WEIBLICHE HAUPTROLLE Maria Hofstätter für "Fuchs im Bau"

BESTE MÄNNLICHE HAUPTROLLE Georg Friedrich für "Große Freiheit"

BESTE WEIBLICHE NEBENROLLE Luna Jordan für "Fuchs im Bau"

BESTE MÄNNLICHE NEBENROLLE Thomas Prenn für "Große Freiheit"

BESTE REGIE Sebastian Meise für "Große Freiheit"

BESTES DREHBUCH Thomas Reider und Sebastian Meise für "Große Freiheit"

BESTE KAMERA Crystel Fournier für "Große Freiheit"

BESTER SCHNITTJoana Scrinzi für "Große Freiheit"

BESTES KOSTÜMBILD Tanja Hausner für "Schachnovelle"

BESTE MASKE Heiko Schmidt, Roman Braunhofer und Kerstin Gaecklein für "Große Freiheit"

BESTES SZENENBILD Oleg Prodeus, Andreas Sobotka und Martin Reiter für "Hinterland"

BESTE MUSIK Karwan Marouf für "Fuchs im Bau"

BESTE TONGESTALTUNG Atanas Tcholakov und Manuel Meichsner für "Fuchs im Bau"

PUBLIKUMSSTÄRKSTER KINOFILM "Rotzbub - Willkommen in Siegheilkirchen" von Marcus H. Rosenmüller und Santiago López Jover

Neue Kooperative will toxisches Umfeld bekämpfen

Untertags hatte sich bereits die Regiekooperative "#dieRegisseur*nnen" in der Causa zu Wort gemeldet und die Position von Katharina Mückstein gestützt, deren Sammlung von Betroffenenberichten den Stein ins Rollen gebracht hatte. "Warum werden Betroffene nicht dabei unterstützt, diese, uns alle betreffenden und betroffen machenden, Missstände aufzuklären und zu verändern?", so Filmemacherin Elisabeth Scharang in einer Stellungnahme. Mückstein selbst gab sich kämpferisch: "Wir werden diesen Machtmissbrauch nicht länger tolerieren!" Die mehr als 40 Filmregisseur*innen der Kooperative sind im Vorjahr aus dem Verband Filmregie Österreich ausgetreten, wo aus ihrer Sicht ein toxisches Umfeld herrsche und ein Bekenntnis zu einer geschlechtergerechten Vergabe der Fördermittel fehle. Die Erfahrungsberichte von Betroffenen wolle man nun sammeln und dokumentieren, vor allem aber gelte es, sie juristisch bestmöglich zu begleiten.

Auf zum „Presse“-Rätselfestival!

Auch die Anlaufstelle #we_do! meldete sich im "Standard" zu Wort und berichtete von zahllosen Anfragen, seit Mückstein den Stein wieder ins Rollen gebracht hat. "Es ist höchst an der Zeit, zu viel ist unter der Hand bereits schon lange bekannt", so Beraterin Meike Lauggas. Gefordert seien hierbei aber nicht die Opfer: "Wenn sich etwas ändern soll, müssen wir bei denen ansetzen, die die Kultur der Branche prägen - und nicht bei den Betroffenen." Auch das Österreichische Filminstitut erklärte in diesem Zusammenhang, sich nicht mit der Kultur des Schweigens abfinden zu wollen. "Man muss den Fördernehmern auch die Verantwortung gegenüber ihren Dienstnehmern bewusst machen", machte die im ÖFI für Genderangelegenheiten zuständige Iris Zappe-Heller deutlich.Hiergibt’s knifflige Aufgaben – und tolle Preise zu gewinnen. Dieser Operngucker verhilft dabei zu Extra-Durchblick:

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(APA)

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