Oberösterreich

Gewaltschutz: Betretungsverbote sprunghaft gestiegen

Die Zahl der Betretungs- und Annäherungsverbote ist während der Pandemie in Österreich sprunghaft gestiegen. Im ersten Halbjahr 2022 wurden im Burgenland bereits 1184 Verbote ausgesprochen.

In Oberösterreich haben heuer bereits 17 sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen in Hochrisikofällen häuslicher Gewalt stattgefunden. Das zeige, wie gut das neue Instrument angenommen werde, bilanzierten die Vorsitzende des Gewaltschutzzentrums OÖ Sonja Ablinger und Geschäftsführerin Eva Schuh in einer Pressekonferenz am Dienstag. Sie würden sich gerne auch in weniger extremen Fällen ohne Einverständnis des Gefährders mit anderen Einrichtungen austauschen dürfen.

Die Zahl der Betretungs- und Annäherungsverbote ist während der Pandemie sprunghaft gestiegen: bundesweit von 8748 im Jahr 2019 auf 13.542 im Vorjahr, allein in Oberösterreich im selben Zeitraum von 1340 auf 2135. Und der Trend setzt sich fort: Im ersten Halbjahr 2022 wurden im Bundesland bereits 1184 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen, im Vergleichszeitraum 2021 waren es 980. Die Zahl der vom Zentrum betreuten Personen stieg von 1538 auf 1825.

Corona und Krieg fördern Aggressivität

Ablinger und Schuh führen diese Entwicklung einerseits auf externe Faktoren wie Corona oder den Ukraine-Krieg zurück, die bei den Menschen Stress und damit auch Aggressivität fördern, zum anderen aber auch darauf, dass sich immer mehr Betroffene Hilfe suchen. Die Klientinnen des Gewaltschutzzentrums OÖ zeigten im Vorjahr 1668 Gewaltdelikte an, darunter fünf versuchte Tötungsdelikte, 702 Körperverletzungen, 36 Vergewaltigungen und 23 Fälle sexuellen Missbrauchs.

Vier von fünf Opfern sind Frauen, die Täter - auch bei den männlichen Gewaltbetroffenen - überwiegend Männer. Rund die Hälfte der Taten wird von Partnern oder Ex-Partnern verübt, viele auch in Wohneinrichtungen oder zwischen Eltern und - minderjährigen oder auch erwachsenen - Kindern. Im gesamten Jahr 2021 betreute das Gewaltschutzzentrum Oberösterreich insgesamt 2972 Klientinnen und Klienten. Ein großer Teil von ihnen wurde von der Polizei aufgrund eines Betretungs- und Annäherungsverbots überwiesen.

Nach einem Betretungs- und Annäherungsverbot müssen Gefährder verpflichtend sechs Stunden Beratung in Anspruch nehmen. "In sechs Stunden ist eine Verhaltensänderung nicht möglich", räumte Schuh ein, aber man könne darauf hinarbeiten, dass ein Gefährder seine Verantwortung sehe und dann eine längere Beratung in Anspruch nehme.

Mehr Fokus auf die Täterarbeit

Generell will man künftig noch mehr Fokus auf die Täterarbeit legen. Dabei wäre eine Zusammenschau aller Faktoren wichtig, würden sich Schuh und Ablinger die Möglichkeit wünschen, sich mit anderen Stellen austauschen zu können. Der Austausch personenbezogener Daten sei derzeit aber nur erlaubt, wenn alle Seiten zustimmen - auch die Täter. Gerade die gefährlichsten von ihnen würden das aber meist nicht tun.

Ohne Zustimmung des Gefährders möglich ist allerdings die sicherheitspolizeiliche Fallkonferenz für Hochrisikofälle, in denen ein Tötungs- oder sehr schweres Gewaltdelikt zu befürchten ist. Dieses Instrument habe sich bereits sehr bewährt, weil alle Involvierten alle Details erfahren würden, so Schuh. "Es sind oft Kleinigkeiten", die aber große Auswirkung auf den Schutz des potenziellen Opfers haben können.

(APA)

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