Sonderprüfung

ÖVP-Finanzen: "Generöser Umgang" mit Geld im Vorarlberger Wirtschaftsbund

APA/STIPLOVSEK DIETMAR
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Der Wirtschaftsbund Vorarlberg hat gemeinsam mit dem externen Prüfer BDO die Ergebnisse der Sonderprüfung seiner Finanzen präsentiert. Den Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung wies man abermals zurück.

Im Wirtschaftsbund Vorarlberg hat es in der jüngsten Vergangenheit einen "generösen Umgang in der Geschäftsgebarung des Vereins" gegeben. Das hat die Sonderprüfung des Wirtschaftsbunds Vorarlberg durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO Austria ergeben. Einnahmen und Ausgaben seien allerdings im Sinne der Statuten getätigt worden, hieß es am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Den Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung wies der Wirtschaftsbund abermals zurück.

An die ÖVP Vorarlberg überwies der Wirtschaftsbund Vorarlberg als Teilorganisation der Partei im Zeitraum von 2016 bis 2021 rund 513.000 Euro, dazu kamen 207.000 Euro als Zahlungen an diverse Ortsgruppen der ÖVP. Für Wahlkosten wurden 72.000 Euro ausgegeben.

Hinsichtlich der finanziellen Großzügigkeit rückte der zurückgetretene Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler in den Mittelpunkt der Prüfung. Dieser erhielt zwischen 2016 und 2021 unter anderem ein Bruttogehalt von 780.000 Euro. An die 3L consult GmbH (vormals kessler consult GmbH), deren Alleingesellschafter Jürgen Kessler ist, wurden zwischen 2018 und 2021 646.000 Euro für die Vermittlung von Inseratenerlösen bezahlt.

Wirtschaftsbund als „Selbstbedienungsladen"?

Neben den direkten Zahlungen gab es für Kessler ab 2021 auch eine Rentenversicherung (1000 Euro monatlich) bzw. einen Firmen-Pkw oder auch ein 250.000 Euro-Darlehen, das er am 14. Juli zurückbezahlte (255.971,60 Euro). Darauf angesprochen, ob Kessler den Wirtschaftsbund als "Selbstbedienungsladen" verstanden habe, sprach der geschäftsführende Wirtschaftsbund-Obmann Karlheinz Rüdisser von einer Art "Erfolgsbeteiligung".

Wenn man die Rücklagensituation bewerte, sei es "wirtschaftlich sehr gut gelaufen". Dem Wirtschaftsbund standen laut Rüdisser Ende 2021 etwa 6,8 Millionen Euro (4,9 Millionen in Form von Wertpapieren, 1,9 Millionen Euro Guthaben) zur Verfügung.

Falschbuchung von Spenden waren „Dummheit"

Allerdings sei der Wirtschaftsbund kein Privat-Unternehmen und habe es mit Mitgliedern und halb-öffentlichen Geldern zu tun. Da gebe es sehr viel strengere Maßstäbe und Compliance-Regeln anzusetzen. Bei den unter Kessler als Spende für das Rote Kreuz verbuchten Zahlungen habe es sich um Prämien für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehandelt. Die Falschbuchung selbst bezeichnete Rüdisser als "Dummheit".

Betont wurde aber auch, dass Kessler statutenkonform gehandelt und gewirtschaftet habe. An Inseratenerlösen für die inzwischen eingestellte Mitglieder-Zeitung "Vorarlberger Wirtschaft" wurden etwa 4,308 Millionen Euro eingenommen. Dabei stieg das Inseratenvolumen unter Kessler stark an und wurde im Vergleich zu 2016 verdreifacht. Demgegenüber stand ein Aufwand von 1,708 Millionen Euro.

Wirtschaftsbund verspricht, Empfehlungen umzusetzen

Laut der von der BDO durchgeführten Zahlungsstromanalyse nahm der Wirtschaftsbund Vorarlberg von 2016 bis 2021 - zusätzlich zu den Inseraten - rund 3,678 Millionen Euro ein, davon 1,791 Millionen Euro durch Mitglieds- und 1,350 Millionen Euro durch Wirtschaftskammerbeiträge. Als Aufwendungen standen 1,790 Millionen Euro für Personal, 895.000 Euro für politische Organisationen, 202.000 Euro an Funktionärsentschädigungen und Sachkosten in Höhe von 1,187 Millionen Euro zu Buche.

BDO-Wirtschafsprüfer Josef Schima sagte, dass die internen Abläufe beim rasanten Anstieg im Zeitungsgeschäft nicht adäquat angepasst worden seien. Rüdisser versprach, die von der BDO ausgesprochenen Empfehlungen für den Wirtschaftsbund umzusetzen. Dazu gehöre etwa die Überarbeitung der Statuten, die im Wesentlichen aus dem Jahr 1947 stammen. Es werde wesentlich sein, genauer zwischen der Tätigkeit als Verein und als politischer Organisation zu unterscheiden. Auch eine Straffung der Organisationsstruktur stellte Rüdisser in Aussicht. Im Herbst soll es eine Generalversammlung mit der Neuwahl des Obmanns geben. Auch werde man ein strengeres Auge auf die Bezahlung der Verantwortlichen legen.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Hinsichtlich der Steuerprüfung - dem Wirtschaftsbund wird vorgeworfen, die Steuern für die Inserate nicht korrekt abgeführt zu haben - befinde man sich in der finalen Phase, so Rüdisser. Der Prüfungszeitraum sei auf die Jahre 2012 bis 2015 ausgedehnt worden. Der Wirtschaftsbund und mehrere Funktionäre haben im Zusammenhang mit der Steuerprüfung Selbstanzeige eingebracht.

Neben den Finanzbehörden ermitteln auch die Staatsanwaltschaft Feldkirch und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die gegen Landeshauptmann Markus Wallner, Wirtschaftslandesrat Marco Tittler und seinen Vorgänger Rüdisser wegen des Verdachts der Vorteilsannahme Untersuchungen einleitete.

Grüne und Neos zeigten sich bezüglich der BDO-Prüfung kritisch. "Die Ergebnisse der Eigenprüfung des Vorarlberger Wirtschaftsbundes sind hinter den ohnehin niedrigen Erwartungen zurückgeblieben", so Nina Tomaselli, Fraktionsvorsitzende der Grünen im ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss. Vorarlbergs Neos-Chefin Sabine Scheffknecht sah weiterhin viele Fragen offen. Man versuche, Kessler als Sündenbock zu präsentieren.

(APA)

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