Umwelt

Weltweit weniger Waldfläche pro Kopf

Eine gerodete Waldfläche nahe der brasilianischen Stadt Palmeirante.
Eine gerodete Waldfläche nahe der brasilianischen Stadt Palmeirante.Reuters/ UEslei Marcelino
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Die weltweite Waldfläche sinkt seit 60 Jahren, zuletzt mit wachsender Geschwindigkeit. Pro Kopf bleibt also weniger Wald - global ist der Waldverlust allerdings ungerecht verteilt.

Die Waldbrände der letzten Monate bereiten Sorge, nicht zuletzt, weil auch sie den Waldbestand weltweit verringern. Der Wald gilt als Feste gegen den Klimawandel. Wälder kühlen und produzieren CO₂. Die umfassende Auswertung weltweiter Datensätze durch ein Forschungsteam vom Waldforschungsinstitut in Japan zeigt, die Sorge ist berechtigt: Die Wälder werden weltweit weniger, und das immer schneller.

In den vergangenen 60 Jahren waren es rund 437,3 Millionen Hektar Wald, die durch Brände, Rodung oder anderweitig zerstört wurden, während im selben Zeitraum rund 355 Millionen Hektar Wald durch Aufforstung, natürliche Regeneration oder dem Vordringen von Bäumen in zuvor baumlose Gebiete dazukamen. Insgesamt ist die Waldfläche also um 81,7 Millionen Hektar geschrumpft. Berechnet man zusätzlich die zeitgleich stetig wachsende Bevölkerung mit ein, so hat sich die Waldfläche pro Kopf von 1,4 Hektar im Jahr 1960 auf 0,5 Hektar im Jahr 2019 verringert.

Ungleich verteilter Verlust

Die negative Tendenz teilt sich allerdings nicht auf alle globalen Regionen gleich auf. In den reichen Industrieländern, darunter auch Österreich, wächst der Waldbestand seit geraumer Zeit wieder. Das ist nicht nur auf strengere Umweltauflagen, sondern auf die Entwicklung der globalen Produktionsverhältnisse zurückzuführen. Holz oder landwirtschaftliche Güter werden vermehrt in ärmeren Regionen der Welt produziert, weil es dort günstiger ist. Holzprodukte oder Waren, für deren Produkten frühere Waldflächen benötigt, werden in diesen Ländern heute vermehrt importiert.

Dementsprechend sieht die Lage in einigen Tropenländern anders aus. Insbesondere in Indonesien, Brasilien, Kolumbien, Myanmar, Paraguay und der Demokratischen Republik Kongo ist der Waldverlust hoch. Dort wird besonders viel Regenwald abgeholzt, um Holz zu produzieren, und Platz für Palmölplantagen, Bergbau oder Ähnliches zu schaffen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehen durch die Ausweitung ihrer Daten die sogenannte „Forst-Transition“-Theorie bestätigt, die den Wandel der Waldfläche eines Landes eng mit dessen sozioökonomischer Entwicklung koppelt. Bei starker wirtschaftlicher Entwicklung steigt der Waldverlust, bei zunehmender Industrialisierung pendelt sich der Verlust ein, die Waldfläche nimmt wieder zu.

Rasantes Tempo

Insgesamt hat sich der Waldverlust beschleunigt, besonders in den letzten 30 Jahren. In den 1980er-Jahren lag der Verlust noch bei einer halben Million Hektar pro Kopf, mittlerweile sei man bei vier Millionen Hektar pro Jahr angekommen. Ronald Estoque, der Leiter des Forschungsteams, warnt gegenüber dem Onlineportal „Bild der Wissenschaft“ ausdrücklich vor den Folgen dieser Entwicklung: „Der kontinuierliche Verlust und die Degradation der Wälder beeinträchtigt die Integrität der Waldökosysteme und verringert ihre Fähigkeit, essenzielle Funktionen aufrechtzuerhalten und die Artenvielfalt zu erhalten.“ 1,6 Milliarden Menschen weltweit seien auf verschiedene Weise vom Wald abhängig, sie wären von einem weiteren Waldschwund massiv betroffen.

Insbesondere die betroffenen Länder müssten beim Waldschutz stärker unterstützt werden, so das Forschungsteam, reichere Länder sollten ihr Abhängigkeit von Importproduktion reduzieren.

(chrima)

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