Diplomatie

Wie ein russischer Top-Diplomat in Wien für einen Eklat sorgte

Sorgt für Empörung und fühlt sich missverstanden: Michail Uljanow.
Sorgt für Empörung und fühlt sich missverstanden: Michail Uljanow.Daniel Novotny
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„Keine Gnade!“ Michail Uljanow wegen „verhetzender Äußerungen“ zur Ukraine ins Außenministerium zitiert.

Wien. Die Nachricht des russischen Diplomaten Michail Uljanow war kurz. Sie zählte nur rund 30 Zeichen. Aber sie löste einen Sturm der Empörung aus. Bis ins 1000 Kilometer von Wien entfernte Regierungsviertel in Kiew reichten die Reaktionen auf den mittlerweile gelöschten Tweet. „No mercy to the Ukrainian population!“, also: „Keine Gnade für die ukrainische Bevölkerung!“, hatte Uljanow, Ständiger Vertreter Russlands bei den internationalen Organisationen in Wien, getwittert.

Auch in Wien hatte die Nachricht ein Nachspiel. Uljanow hatte keinen freien Sonntag. Außenminister Alexander Schallenberg ließ ihn in sein Ministerium zitieren. Am Sonntagabend unterstrich dabei Generalsekretär Peter Launsky-Tieffenthal Österreichs Empörung über Uljanows Tweet und seine Versuche, seine verhetzenden Äußerungen später zu relativieren. Der Tweet ist „abscheulich, unmenschlich und stiftetw Hass gegen die Bevölkerung der Ukraine“, so Launsky-Tieffenthal.
Uljanow hatte den Tweet in der Nacht auf Samstag abgesetzt. Er kommentierte darin eine Kurznachricht des ukrainischen Präsidenten, in der sich Wolodymyr Selenskij für neue Waffenlieferungen aus den USA bedankt.

Der Aufschrei war groß. Der Präsident der Werchowna Rada, des ukrainischen Parlaments, Ruslan Stefantschuk, schaltete sich ein. Er deutete Uljanows Kurznachricht als Aufruf zum Völkermord. Er drängte die Staats- und Regierungsspitze in Österreich zum Handeln. Sie sollte Uljanow aus dem Land werfen. „Diese Völkermordsprache darf nicht toleriert werden“, schrieb auch der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Oleh Nikolenko. Uljanow solle zur Persona non grata erklärt werden. Aber so weit wollte Wien nicht gehen. Das Außenministerium wählte jedoch in seiner Reaktion scharfe Worte. „Wir sind empört über die menschenverachtenden Aussagen des russischen Ständigen Vertreters und über seine Versuche, zu relativieren, was nicht zu relativieren ist.“

Der Eklat kommt zur Unzeit. Uljanow ist nicht irgendjemand. Der Diplomat ist auch russischer Unterhändler in den Atomverhandlungen mit dem Iran, die in diesen Tagen in die Zielgerade biegen. Das Iran-Dossier liegt sozusagen auf seinem Schreibtisch.

Uljanow selbst fühlte sich missverstanden. Seiner Verteidigungslinie zufolge meinte er nur, dass Selenskij keine Gnade mit den eigenen Leuten habe. „Ich habe auf die Mitteilung von Selenskij emotional reagiert – wieder nur Waffen, keine Diplomatie“, sagte der Diplomat der APA. Er hätte aber vielleicht ein Fragezeichen statt eines Rufzeichens setzen sollen.

Nicht der erste Twitter-Vorfall

Es ist keineswegs das erste Mal, dass russische Diplomaten mit ihren Tweets für Empörung sorgen. Der in Wien für Abrüstungsverhandlungen zuständige Konstantin Gawrilow teilte neulich eine Twitter-Meldung, in der ein selbst erklärter Stalinist die Wiedereinführung eines stalinistischen Staatsterrors in Russland forderte. Gawrilows Einstellung zu dieser Forderung blieb dabei jedoch unklar. (strei/APA)

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