Lokalkritik

Testessen in der Neuen Hoheit

Hoch hinaus: Die Neue Hoheit im sechsten und siebenten Stock.
Hoch hinaus: Die Neue Hoheit im sechsten und siebenten Stock. Christine Pichler
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Unter dem Dach eines neuen Luxushotels französelt, russelt und wienerlt es: Die Neue Hoheit.

Die zu ebener Erde erstandenen Uhren können ein paar Stockwerke gen Innenstadthimmel gleich ausgeführt werden: Inmitten von Luxusmarken hat auf den Wiener Tuchlauben das noble Rosewood-Hotel eröffnet, mit Restaurant und Bar namens Neue Hoheit im sechsten und siebenten Geschoß. (Im Aufzug steht, bundesdeutsch, freilich Geschoss, da beginnt schon der sprachliche Spasss). Die Empfangsdame oben spricht nur Englisch, weshalb der Aufzugsbegleiter – der Andrang auf die Dachbar wird schon im Erdgeschoß geregelt – auch gegenüber Wiener Gästen flugs ins Englische wechselt. Zuerst trifft man auf die Schauküche, pardon, Show Kitchen Area, mit Sharing Section und eine Seafood Bar.

Polyglott

Auf der Speisekarte folgen anerkannte Mehlspeisen wie Pfannenkuchen und Köse Kuchen auf Knobauchbutter und Rindersupper. Sattelfester ist das Küchenteam rund um Bernhard ­Stocker, zuvor im Restaurant Ludwig van, zum Glück, wenn es um seine Kern­disziplin geht. Vom Josper-Grill kommen Steaks und Oktopus, die vier Arme sind nichts für Arme – 90 Euro für einen halben Kraken mit Beilagen. Das Gedeck enthält angenehm stückige Leberpastete und sauer eingelegtes Gemüse, beides sorg­fältig zubereitet.

Foie-Gras-Terrine und Forellen-Rillettes verraten frankophile Neigungen, als massentauglichere Vorspeisen sieht man, wen wundert’s, Teil I, Burrata und, wen wundert’s, Teil II, Beef Tatar (15 bzw. 21 Euro) vor. Streifen von rohem Saibling werden dezent limettensauer mariniert und mit roten Zwiebelspalten und Ribiseln kombiniert (16 Euro), auf die kalte Erbsencremesuppe mit Speck und Minze trifft das Attribut solide zu (9 Euro). Vegan indes scheint eine mühsame Pflicht zu sein, die Spitzpaprika mit Quinoa auf befremdlich Fäden ziehender Kokoscreme zeigen, dass nicht alles, was man wo hineinstopft, eine Füllung ist  – und schon gar keine Erfüllung.

Beim Gekochten vom Rind passen Handwerk und Material (ab 31 Euro), dasselbe gilt für den Risotto mit Räucheraal und Stracchino (23 Euro). Ob der Kaiserschmarren gelingt, ist offenbar Glücksfrage, wie man hört – jener für das „Schaufenster“ bekommt viele Punkte.

Polyglotte Speisekarte und Küche in der Neuen Hoheit.
Polyglotte Speisekarte und Küche in der Neuen Hoheit.Christine Pichler


Wichtiger als die Küche wird für einen guten Teil der Gäste ohnehin die Aussicht sein. Schon der Blick vom hochgelegenen Gastgarten auf die Peterskirche fährt ein. Ein Stockwerk darüber, auf der Barterrasse, sind auch die anderen Himmelsrichtungen frei. Diese Terrasse müsse aber um 22 Uhr schließen, informiert ein Kellner: In den benachbarten teuren Penthouses wollen sich die Bewohner für das viele Geld in Ruhe ausziehen können. Wien Innenstadt, zusammengefasst. 

Info

Neue Hoheit, Tuchlauben 4, 1010 Wien, Tel.: +43/(0)1/799 98 88 87 77, Restaurant: Mi–So: 12–14.30, 18–22.30 Uhr. Mehr Kolumnen auf: DiePresse.com/lokalkritiken 

("Die Presse Schaufenster" vom 26.08.2022)

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